Das
Erzstift Köln hat seit der Übertragung des südwestfälischen
Missionsbezirks bedeutenden Grundbesitz im Sauerland, am Hellweg bei
Soest sowie im späteren
Vest
Recklinghausen, jedoch ist bis zum Ende des 11. Jahrhunderts keine
Grafschaft in kölnischer Hand, jedoch zeigen sich schon deutliche
Bestrebungen eine weltliche Herrschaft aufzubauen. 1102 erfolgt die
erzwungene Abtretung der halben Grafschaft Arnsberg an Köln. Es folgen
der Erwerb von Werl und Rüthen sowie die Grafschaft Volmarstein (mit
Schwelm und Hagen).
Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen (1180), der
vom Erzbischof Philipp von Heinsberg entscheidend gefördert wird, erhält dieser
das Herzogtum Westfalen, also den südlichen Teil des ursprünglichen Herzogtums
Sachsen. Erzbischof Engelbert von Berg (1216 - 1225) betreibt die planmäßige
Ausdehnung des Herzogtums und gerät damit in Gegensatz zu den weltlichen
Herrschern, denen er die kirchlichen Vogteien entzieht. Der Streit gipfelt in
seiner Ermordung bei Gevelsberg durch seinen Neffen, den Grafen Friedrich von
Altena-Isenburg.
Als eigentlicher Begründer des kölnischen
Territoriums in Westfalen stellt Engelbert die Verbindung zwischen den
Besitzungen am Hellweg und an der Diemel her und sichert die kölnischen Rechte
im südlichen Sauerland durch die Stadterhebung von Attendorn (1222). Er greift
noch weiter aus durch die zeitweilige Schutzherrschaft über die Stadt Paderborn
und die Beteiligung an den Gründungen von Siegen und der Neustadt Herford
(1224). Im Diemelland erwirbt er die halbe Stadt Helmarshausen mit der
Krukenburg und ist seit 1230 Mitbesitzer des corveyischen Marsberg. Erzbischof
Konrad von Hochstaden (1238-1261) erlangt mit der 1248 von Sayn angekauften
Waldenburg die Landeshoheit im Biggetal und kreist die Grafschaft Arnsberg damit
auch von Süden ein. Der Kogelnberger Vertrag mit Braunschweig bestimmt 1260 die
Weser zur Grenze der beiderseitigen Einflußgebiete. Erzbischof Siegfried von
Westerburg (1275 bis 1297) sprengt 1277 noch einmal einen großen Bund seiner
westfälischen und rheinischen Gegner; die
Schlacht bei Worringen 1288 bedeutet dann aber das Ende der herzoglichen
Oberhoheit in Westfalen.
Die alte Stützpunktpolitik wird zwar zunächst
fortgesetzt; von Dauer bleibt aber nur der Pfandbesitz der Kogelnburg mit
Volkmarsen (als Exklave bis 1806 mit dem Herzogtum Westfalen verbunden). Das
eigentliche kölnische Westfalen erfährt 1368 durch den Ankauf der Grafschaft
Arnsberg die entscheidende Abrundung. Schon um 1102 hatte Graf Friedrich der
Streitbare aus dem Hause der Grafen von Werl die halbe Grafschaft Köln
preisgeben müssen. Erbe der Grafschaft und der 1114 errichteten neuen Burg
Arnsberg wird nach seinem Tode 1124 der niederländische Graf Gottfried von Cuyk
(Kuik). Sein Sohn Heinrich I. (1154-1185) muß um 1160 unter kölnischem Druck
zugunsten Eberhards von Berg auf Burg und Herrschaft Altena verzichten und seine
Grafschaft 1165 dem Erzstift zu Lehen auftragen. Der Arnsberger Besitz nördlich
der Lippe um die Burg
Rietberg
wird 1237 als eigene Herrschaft abgeteilt (seit 1353 Reichsgrafschaft) ; die
Restgrafschaft ist fortan von Köln politisch völlig lahmgelegt.
Auseinandersetzungen des letzten kinderlosen Grafen Gottfried IV. (gest. 1371)
mit Graf Engelbert von der Mark um das Erbe der Edelherren von Bilstein treiben
den Grafen in die Arme Kölns. Mit der Eingliederung Arnsbergs in dessen
sauerländischen Besitz beginnt sich für diesen und den zugehörigen Hellweg die
Bezeichnung "Herzogtum Westfalen" einzubürgern (seit 1367 im Titel des
Erzbischofs). Das kölnische Herzogtum Westfalen wird damit durch den Kern des
heutigen Westfalens gebildet, die überwiegenden Teile Westfalens gehen jedoch an
die Bischöfe von Münster,
Paderborn,
Osnabrück und
Minden
sowie an die Grafen von Mark,
Ravensberg
und Lippe.
Erzbischof Friedrich von Saarwerden (1370-1414)
sucht vergeblich die kölnischen Hoheitsrechte im Bereich der Grafschaft Mark zu
behaupten, muß aber nach mehreren Fehden die Ansprüche auf Volmarstein, Bochum,
Hagen und Schwelm 1392 endgültig fallenlassen. Erzbischof Dietrich von Moers
(1414-1463) versucht ein letztes Mal, die kölnischen Herrschaftspläne in
Westfalen mit dem Ziel der Beseitigung der kleve-märkischen Machtstellung zu
beleben. Die damit verbundene finanzielle Anspannung führt Ritterschaft und
Städte des Herzogtums Westfalen 1437 zu einer Landesvereinigung zusammen und
1463 verankert die Erblandesvereinigung die weitgehend selbständige Stellung von
Ritterschaft und Städten gegenüber dem Landesherrn. Soest, die alte Hauptstadt
des kölnischen Westfalen, die 1279 mit dem Ankauf der Vogtei die Grundlagen für
die Ausdehnung ihrer Hoheit über die sie umgebende Börde legt und gegenüber dem
Landesherrn weitgehende Unabhängigkeit erlangt, schließt 1441 mit Herzog Adolf
von Kleve einen Freundschaftsvertrag. Der endgültige Bruch mit Köln und der
Anschluß der Stadt an Kleve lösen 1444 die Soester Fehde aus. In ihrem Gefolge
gehen Stadt und Börde, bis auf einen schmalen Streifen südlich der Lippe, an
Kleve-Mark verloren. Während der Fehde ermöglicht die Köln freundliche Haltung
Graf Gerhards von der Mark 1444/45 die Besetzung der Herrschaften Fredeburg und
Bilstein im oberen Sauerland. Die im Schiedsspruch von Maastrich 1449 bestätigte
Erwerbung der beiden Herrschaften stellt die territoriale Verbindung des Amtes
Waldenburg mit dem Hauptteil des Herzogtums her.
Unter Erzbischof Hermann von Wied (1515-1547)
findet das Luthertum in die Städte des kölnischen Westfalen Eingang, wird nach
seiner Absetzung, wie im ganzen Erzstift, auch hier wieder unterdrückt. Die
Religionswirren erneuern sich unter Erzbischof Gebhard Truchseß von Waldburg,
der 1582 zum Protestantismus übertritt. Er zieht sich ins Herzogtum Westfalen
zurück, wo sich mehrere Städte und Teile der Ritterschaft dem Protestantismus
zugewandt haben. Der westfälische Landtag bekennt sich, nach entsprechendem
Druck auf die Altgläubigen, mit Mehrheit für Truchseß, die vestischen Stände
treten dagegen auf die Seite des Domkapitels. Im Kölner Kriege findet Truchseß
nur schwache Unterstützung im protestantischen Lager; ein hessischer Vorschlag,
ihn mit dem kölnischen Westfalen abzufinden, wird nicht verwirklicht.
Für den 1583 neugewählten Kurfürsten Ernst von
Bayern erobert sein Bruder Herzog Ferdinand die westfälischen Lande, und der
westfälische Landtag erkennt in Geseke den Kurfürsten an. Das evangelische
Bekenntnis kann sich nur im waldeckisch-hessischen Grenzraum halten. Nach
Beendigung des Krieges 1590 wird die Erblandesvereinigung des Herzogtums
Westfalen von 1463 erneuert.
Der Dreißigjährige Krieg bringt in seiner zweiten
Hälfte das kölnische Westfalen, namentlich den Hellweg und das schon 1598 durch
die Spanier stark mitgenommene Vest Recklinghausen, zeitweise in die Hand der
Hessen. Nach dem Ankauf der corveyischen Hälfte von Marsberg 1507 werden die im
Laufe des 16. Jahrhunderts wiederaufgelebten territorialen Streitfragen mit
Waldeck
bis zum Grenzrezeß von 1663 endgültig bereinigt. Gegenüber der Grafschaft Mark
können im Gericht Valbert kölnische Hoheitsrechte behauptet werden (zweiherrig
bis Anfang des 19. Jhs.). 1576 löst Erzbischof Salentin von Isenburg das Vest
Recklinghausen aus 130-jähriger
Gemenscher Pfandschaft und
ordnet Gerichtswesen und Verfassung neu (Salentinischer Rezeß 1577).
Die Machtstellung der Stände auf dem Gebiet der
Steuerhoheit bleibt auch während des 18. Jahrhunderts unangetastet. Unter Max
von Österreich (1784 bis 1801) setzen Reformen (Landdrost Franz Wilhelm von
Spiegel in Arnsberg und Franz Josef Graf von Nesselrode in Recklinghausen),
besonders auf dem Gebiet der Bildung ("Normalschule" des Pfarrers Sauer in
Rüthen 1795), ein.
Die 1794 wegen der Annexion der linksrheinischen
Gebiete Kurkölns nach Westfalen übergesiedelten Behörden des Kurstaats schlagen
in Arnsberg (Domkapitel), Recklinghausen (Regierung) und Brilon (Hofkammer) ihr
Quartier auf. Die dem Lauf der Ruhr folgende Demarkationslinie schneidet das
Herzogtum Westfalen 1795/96 in zwei Teile. Gegenüber den
Säkularisationsbestrebungen der Zeit hat der kaiserliche Plan eines aus den
kölnisch-westfälischen Landen und dem Stift Münster zu bildenden Kurstaats keine
Aussicht auf Verwirklichung.
1803 kommt das Herzogtum an die Landgrafschaft
Hessen-Darmstadt. 1807 kommt es an das neu gegründete Königreich Westphalen mit
der Hauptstadt Kassel.
1815 wird das Herzogtum Westfalen Teil der
gleichnamigen preußischen Provinz und 1946 Teil des Landes-Nordrhein-Westfalen.
Quelle: Der Text entstammt überwiegend dem
Territorien-Ploetz.
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