Das heutige Hessen gerät seit dem 4.
Jahrhundert in den Einflussbereich der Franken, die seit dem 6.
Jahrhundert in das Rhein-Main-Gebiet eindringen und von dort nach
Nordosten unter Ausbau und Übernahme der Festungen Glauburg, Amönenburg,
Christenberg und Büraburg gegen die Sachsen vorstoßen. Im Jahre 738 wird
erstmals der Name "Hessi" für einen kleinen Stamm an der
unteren Fulda erwähnt, der zu den germanischen Chatten gehört. In diese
Zeit fällt auch die Christianisierung des Gebiets unter Bonifatius. Die
wichtigsten werden schon im 8. Jahrhundert gegründet und zu Reichsabteien
erhoben (Fulda, Hersfeld und Fritzlar). Sie sind wichtige Stützpunkte der
Königsmacht und von ihnen gehen wichtige Impulse zur wirtschaftlichen und
kulturellen Entwicklung Nordhessens aus.
Am Ende des 9. Jahrhunderts vereint das Grafenhaus der Konradiner, als
Nachfolger der Rupertiner, fast das gesamte Gebiet des heutigen Hessens
unter ihrer Herrschaft. Nach dem Aussterben der Karolinger und
erfolgreicher Auseinandersetzung mit den Babenbergern wird Konrad I. sogar
für kurze Zeit deutscher König.
Unter den sächsischen Kaisern nimmt die Macht der Konradiner ab, denn
die Ottonen setzen Grafen verschiedener Herkunft zur Verwaltung des
Königsgutes ein.
Von 1024 bis 1121 haben die Grafen Werner Grafschaft inne. Seit dem 12.
Jahrhundert dehnen die Mainzer Erzbischöfe ihren Machtbereich stetig aus
und bringen Amöneburg, Fritzlar und Hofgeismar an sich und werden
Lehenherren der Grafen von Hessen.
1121 beerben die Gisonen (Grafen von Gudensberg) die Grafen Werner und
schon ein Jahr später kommt die Grafschaft über die Erbtochter Hedwig an
die Ludowinger. Diese werden 1130 Landgrafen von Thüringen und behandeln
die Grafschaft Hessen fortan als Nebengebiet. Es handelt sich hierbei um
das südwestlich von Kassel und Maden gelegene Gebiet mit dem Hauptort
Gudensberg).
Während dieser Zeit entsteht im Norden eine Reihe selbstständiger
Herrschaften und Grafschaften (Ziegenhain, Waldeck, Wittgenstein, Nassau,
Diez, Runkel, Limburg, Katzenelnbogen, Eppstein). Südlich, im
Rhein-Main-Gebiet, versuchen die Staufer die Reichsherrschaft auszubauen.
Während des Interregnums zerfällt das Gebiet jedoch in zahlreiche kleine
Herrschaften.
1247 stirbt Landgraf Heinrich Raspe von Thüringen. Seine Nichte
Sophie, der Tochter der heiligen Elisabeth und Gemahlin Heinrich II. von
Lothringen und Brabant, behauptet Hessen als eigene Landgrafschaft für
ihren 1244 geborenen Sohn Heinrich im thüringisch-hessischen
Erbfolgekrieg (1247-1264) und wird dabei von den Markgrafen von Meißen
gegen den Mainzer Erzbischof unterstützt, der das Gebiet als erledigtes
Lehen einziehen will.
Heinrich kann 1265 zu den bisherigen Gütern zwischen Wolfhagen,
Zierenberg, Eschwege, Wanfried, Alsfeld, Grünberg, Frankenberg und
Biedenkopf einen Teil der Grafschaft Gleiberg mit Gießen von den
Pfalzgrafen von Tübingen erwerben. Er macht Kassel 1277 zu seiner
Residenz und nennt sich Landgraf von Hessen. Er kann seine Position gegen
den Mainzer Erzbischof während seiner Regierungszeit wahren, den er 1280
bei Fritzlar besiegt. Am 12.Mai 1292 wird Heinrich von König Adolf von
Nassau in den Reichsfürstenstand erhoben, womit die Vormachtstellung
innerhalb Hessens als führende weltliche Macht bestätigt wird.
Das Land ist während dieser Zeit noch von vielen kleineren
selbstständigen Gebieten durchzogen, sodass ein geschlossenes Territorium
nicht existiert. Der Mainzer Erzbischof baut seine unzusammenhängenden
Besitzungen quer durch Hessen aus. Der Paderborner Bischof beansprucht
Teile des Reinhardswaldes und die Reichsabteien Hersfeld und Fulda bilden
eigene Herrschaftsgebiete im Südosten der Landgrafschaft Hessen. Diese
besteht aus zwei, durch die Grafschaft Ziegenhain geteilte Hälften -
Oberhessen um Marburg und Niederhessen um Kassel. Im Westen bedrängen die
Wittgensteiner und Waldecker Grafen, im Norden die Grafen von Dassel, von
Everstein und die Herren von Schöneberg die Landgrafschaft, doch gelingt
es den Landgrafen im 14. Jahrhundert die Konkurrenten schrittweise zurück
zu drängen. Einzig der Mainzer Erzbischof bleibt als mächtiger Gegner.
Doch wird die Position der Mainzer Erzbischöfe durch die drei Schismen
von 1328, 1346 und 1374 geschwächt, bei denen jeweils 2 Kandidaten um den
Erzstuhl kämpfen. Hieraus ziehen die Landgrafen von Hessen ihren Nutzen.
Kaiser Ludwig beruft 1328 Balduin von Luxemburg zum Erzbischof, während
der Papst Heinrich von Virneburg ernennt. In der folgenden
Auseinandersetzung schlägt sich Heinrich schließlich auf die Seite des
Kaisers, um die Reichsinteressen zu wahren. Hierauf ernennt der Papst
Gerlach von Nassau mit Hilfe des Gegenkönigs Karl IV.
Die Hessen ergreifen die Partei Gerlachs und besiegen Heinrich von
Virneburg 1347 bei Fritzlar. Diese Unterstützung kostet Mainz die
hessischen Lehen und die Anerkennung der hessischen Vorherrschaft im
Reinhardtswald.
Zu einer weiteren Auseinandersetzung kommt es, als nach Gerlachs Tod
1374 der Papst versucht Landgraf Ludwig von Meißen auf den Mainzer
Erzstuhl zu setzen, das Mainzer Domkapitel jedoch Adolf von Nassau wählt.
Hieraus kann Hessen jedoch keinen Nutzen ziehen, da es auf der Seite
Ludwigs steht, der Verlierer der Auseinandersetzung ist. Zudem verliert
Landgraf Heinrich II. (1328 - 1376) früh seinen Sohn Otto (1366) und
nimmt 1367 seinen Neffen Hermann II. zum Mitregenten. Hiergegen erhebt
Otto von Braunschweig als Enkel Landgraf Heinrichs I. Einspruch. Mit Otto
verbündet sich der Ritterbund der Sterner, ein 1370 gegründeter
Adelsbund unter der Leitung Graf Gottfrieds von Ziegenhain.
Die bedrohliche Lage für Hessen kann durch eine Erbverbrüderung mit
den Markgrafen von Meißen gemeistert werden, die von Kaiser Karl IV.
bestätigt wird.
Hierdurch wird die gesamte Landgrafschaft Hessen zum reichslehenbaren
Fürstentum, während vorher die Fürstenwürde nur auf den Reichslehen
Eschwege und Boyneburg ruhte.
Der Sternerbund ist dieser Lage nicht mehr gewachsen, doch stellt sich
nun Erzbischof Adolf von Mainz gegen Hessen und bildet eine starke
Koalition gegen die Landgrafschaft. Die Hauptstadt Kassel wird in den
Jahren 1385, 1387 und 1388 belagert und Hessen muss sich harten
Bedingungen unterwerfen und verliert für Jahre die von seinen Gegnern
eroberten Städte.
Eine Wende tritt ein, als 1390 der Mainzer Erzbischof Adolf stirbt und
1394 ein Ausgleich im Frankfurter Frieden mit seinem Nachfolger Konrad
erreicht werden kann. Die Lage ändert sich endgültig, als 1400 Herzog
Friedrich von Braunschweig bei Fritzlar durch Mainzer Truppen ermordet
wird. Hessen schließt den günstigen Friedberger Frieden mit Mainz. 1410
kann Landgraf Hermann die seit dem 13. Jahrhundert umkämpfte Mainzer
Jurisdiktion über Hessen dem Erzstift entreißen und auf den von ihm
abhängigen Dekan des Kasseler Marienstifts übertragen lassen.
Trotz der Auseinandersetzungen kann Hessen in dieser Zeit territoriale
Gewinne verzeichnen, so kann Hermann II. 1399 Ulrichstein und kurz darauf
Schotten am Vogelsberg, 1402 Hauneck, 1406 Vacha und 1408 einen weiteren
Teil der Herrschaft Itter vereinnahmen.
Seinem Sohn Landgraf Ludwig I. gelingt es die verloren gegangenen
Städte 1419 und 1433 zurück zu erobern. Ihm gelingt es auch den
endgültigen Sieg über das Erzbistum Mainz in Entscheidungsschlachten am
23. Juli 1427 bei Fritzlar und am 10. August 1427 bei Fulda zu erringen.
Der Frankfurter Friede bestätigt die Entscheidungen und weist endgültig
die Machtansprüche von Mainz zurück.
Hierdurch kann Hessen seine Machtposition nun weiter ausbauen und
schließt 1436 eine Erbvereinigung mit Witttgenstein. Die Grafschaften
Waldeck 1431/38, Lippe 1449 und Rietberg 1456 werden hessische Lehen.
Kleinere Herrschaft begeben sich unter den Schutz Hessen, so die von Uslar
mit der Herrschaft Gleichen, die von Plesse bei Göttingen und die von
Büren (1456) in Westfalen. 1434 kann Hessen die Schutzherrschaft über
das Fürstbistum Paderborn, Corvey und Höxter übernehmen. 1439
überträgt das Erzstift Mainz Hessen den Schutz über seine hessischen
Besitzungen. 1450 kann Landgraf Ludwig die wichtige Grafschaft Ziegenhain
erwerben, wodurch Nieder- und Oberhessen miteinander verbunden sind.
Die große Mainzer Stiftsfehde (1461-1463) bringt für Hessen doppelten
Vorteil, denn Landgraf Ludwig teilt die Landgrafschaft unter seinen
Söhnen auf (Landgraf Ludwig II. von 1458 - 1471 in Niederhessen und
Landgraf Heinrich II. 1458 - 1483 in Oberhessen, seit 1471 auch Vormund in
Niederhessen). Heinrich steht wie sein Schwiegervater Philipp von
Katzenelnbogen und der Pfalzgraf Friedrich bei Rhein auf der Seite des
Erzbischofs Diether von Isenburg steht, erhält von ihm 1462 die Städte
und Burgen Battenberg, Rosenthal, Mellnau und halb Wetter als Pfand.
Landgraf Heinrich III. erhält vom Gegner Diethers dem Erzbischof Adolf
von Nassau Hofgeismar, Gieselwerder und Schöneberg, die allerdings
erobert werden müssen.
Der Friedensvertrag vom 5. Oktober 1463 bestätigt weitestgehend die
hessischen Gebietsgewinne, obwohl Landgraf Heinrich auf der Seite des
Verlierers gestanden hat. Landgraf Ludwig hat in den nächsten Jahren noch
einige Fehden mit dem Fürstbistum Paderborn, was seinen Einfluß im
Diemelgebiet stärkt.
1479 fällt die wirtschaftlich starke Grafschaft Katzenelnbogen mit
umfangreichen Territorien an Rhein und Main durch die Erbtochter Philipp
des Älteren an den Schwiegersohn Landgraf Heinrich III. von Hessen.
Fortsetzung - Die Regierungszeit
Philipps des Großmütigen
Quellen:
Sante, Wilhelm. Geschichte der Deutschen Länder - Territorien-Ploetz. Würzburg
1964.
Köbler, Gerhard. Historisches Lexikon der Deutschen Länder. München 1988. |