Die Situation in Hessen wird zu Beginn der
Neuzeit durch den Marburger Erbfolgestreit bestimmt, in dem die
Landgrafschaft Hessen-Darmstadt um Oberhessen streitet, welches nach
Aussterben des Hauses Hessen-Marburg 1604 zwischen ihr und Hessen-Kassel
aufgeteilt wurde.
1623 entscheidet der Reichshofrat zugunsten Hessen-Darmstadts, woraufhin Landgraf Ludwig Oberhessen sowie 1626 die Niedergrafschaft
Katzenelnbogen und einige Ämter Niederhessens pfandweise an sich bringt.
Die Situation der Landgrafschaft Hessen-Kassels, welche mit Moritz einen
unfähigen Landesherrn hat, wird bedrohlich. Moritz dankt 1627 ab und
weist den Söhnen seiner zweiten Frau ein Viertel des Landes zu - die
sogenannte Rotenburger Quart, was zur weiteren Schwächung Hessen-Kassels
führt. Zudem ist das Land bankrott und die wirtschaftliche Lage
hoffnungslos.
Der Nachfolger, Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel, ist gezwungen am
24. September 1627 den sogenannten Hauptakkord zu schließen, worin er auf
Oberhessen, die Niedergrafschaft Katzenelnbogen sowie die Herrschaft
Schmalkalden verzichtet, wodurch er die besetzten Ämter Niederhessens
zurück erhält. Durch das Restitutionsedikt verliert Hessen auch noch das
Stift Hersfeld, welches es seit 1604 verwaltet.
Die Wende für Hessen-Kassel bringt der Vertrag von Werben, den
Landgraf Wilhelm am 22. August 1631 mit dem Schwedenkönig Gustav Adolf
schließt. Er erhält die Abtei Fulda sowie Paderborn und Corvey, in denen
Hessen eine alte Schutzherrschaft inne hat, die jedoch erst noch erobert
werden müssen. Wilhelm bleibt der schwedisch-protestantischen Partei
treu, auch nach dem Tode Gustav-Adolfs. Er verbündet sich 1636 mit
Frankreich, weshalb ihn der Kaiser zum Reichsfeind erklärt und
Strafaktionen gegen Hessen-Kassel durchführt. Landgraf Georg von
Hessen-Darmstadt wird zum Verwalter Niederhessens ernannt, das 1637 durch
kaiserliche Truppen besetzt und verwüstet wird. Wilhelm und seine Familie
müssen mit den verbliebenen Truppen nach Friesland flüchten, wo er am 1.
Oktober 1637 stirbt.
Die Witwe Amalie Elisabeth, eine willensstarke Person, gibt dem
kaiserlichen Druck nicht nach und bleibt als Regentin für ihren
unmündigen Sohn auf der Seite Frankreichs und Schwedens, für die das gut
ausgebildete Heer Hessens von Bedeutung ist. Sie spielt den Kaiser und
ihre französischen Bündnispartner gegeneinander aus und erhält
dadurch gute Bedingungen.
1640 erwirbt sie einen Teil der Grafschaft Schaumburg und sichert sich
durch den Erbvertrag vom 26. Juli 1643 eine hessische Anwartschaft auf
Hanau.
Sie gibt Rechtsgutachten in Auftrag, die die 1623 getroffene
Entscheidung des Reichshofrats und den 1627 geschlossenen Hauptakkord in
Frage stellen. Hierdurch hat sie den nötigen Vorwand die mit
Hessen-Darmstadt geschlossenen Verträge zu kündigen und Oberhessen durch
kriegerische Maßnahmen - den Hessenkrieg, der das Land völlig verwüstet
- zurück erobern kann. Im Einigkeitsvertrag vom 14. April 1648 muss
Landgraf Georg von Hessen-Darmstadt auf den Marburger Teil Oberhessens,
die Niedergrafschaft Katzenelnbogen und die Herrschaft Schmalkalden zugunsten Hessen-Kassels verzichten. Im westfälischen Frieden wird
der Vertrag bestätigt.
Fortsetzung
- 1650 bis heute Quellen:
Sante, Wilhelm. Geschichte der Deutschen Länder - Territorien-Ploetz. Würzburg
1964.
Köbler, Gerhard. Historisches Lexikon der Deutschen Länder. München 1988. |