Schlösser und Herrensitze um Essen

Rheinische Kunststätten - Reihe XIII: Die Ruhr - Nr. 2

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Die Schloßbauten in und um Essen spiegeln die geographisch-politischen Verhältnisse des Römischen Reiches Deutscher Nation vor der großen Umgestaltung der Landkarte nach dem Frieden von Luneville 1801 wider: dicht benachbart auf engem Umkreis die Freie Reichsstadt Essen; das Fürstentum Essen mit seiner Burg auf dem Burgplatz und seinen Sommerresidenzen zu Steele und Borbeck Bild 1,2) und seinem Erbdrostensitz auf dem Schellenberg (Bild 3—5); die reichsunmittelbare reichbegüterte Benediktinerabtei Werden mit ihrer ansehnlichen Schloß-Prälatur (Bild 6) und ihren Lehnshöfen zu Baldeney, Scheppen (Bild 7) und Oefte; das Herzogtum Berg mit seiner hochgelegenen Landesburg Landsberg (Bild 8) und in nächster Nachbarschaft Schloß Hugenpoet (s. Heft „Schloß Hugenpoet''); die Isenburg, der Stammsitz der Grafen v. d. Mark; unmittelbar an der Grenze des früheren Fürstentums Essen das zu Kurköln gehörende Vest Recklinghausen mit seiner üppigen Statthalter-Residenz Horst (Bild 9) und den verschiedenen Emscher-Herrensitzen in Westfalen: schließlich die benachbarte Grafschaft Mark mit ihren Ruhrburgen. Zählt man dazı noch die fränkisch-germanischen Burganlagen zu Werden (in Vorbereitung: Heft „Fränkische Burgen zu Werden und Essen“), so ergibt das Gesamtbild eine reiche und anschauliche Übersicht über die Geschichte des heimischen Wehrbaus. Heute sind die Häuser Borbeck, Horst und Baldeney mit ihren Grünanlagen Gast- und Erholungsstätten der Industriestadt; Schellenberg Säuglingsheim der Stadt Essen, die sich auch frühzeitig den großen Waldbestand um Schellenberg und Isenburg gesichert hat; Lungen der Industriestadt, wichtige Faktoren in Essens weitsichtig klug erfaßter städtebaulicher Mission einer aus den Geländevoraussetzungen und Himmels- und Windrichtung sich ergebenden vorbildlichen Großstadtsiedlung der Gartenstadt an der Ruhr nach rationeller Verteilung des Industrie-, Wohnund Erholungsgebiets (in Vorbereitung: Heft „Die Großstadtsiedlung Essen“).

Schloß Borbeck, ehemals ein Oberhof der Ritter v. Borbeck; kam 1227 in den Besitz der Fürstäbtissin von Essen. Fürstäbtissin Sophia aus dem Haus v. Gleichen (1459—-89) ließ hier Goldgulden schlagen, „moneta nova aurea Borbecensis'. 1584 verwüsteten die Spanier den Bau. Fürstäbtissin Elisabeth aus dem Haus Manderscheid-Blankenheim (1588 —98) ließ das Schloß wiederherstellen, dessen heutige Gestalt im Kern auf diese Umbauten zurückgeht (Bild 1). Seitdem war Borbeck die eigentliche Residenz der Fürstäbtissinnen. Der Niederländisch-Spanische und der Dreißigjährige Krieg zogen auch das Schloß stark in Mitleidenschaft, so daß 1655 Fürstäbtissin Anna Salome aus dem Haus Salm-Reifferscheid große bauliche Wiederherstellungen vornehmen mußte. Aus dieser Zeit mögen der geschweifte Giebel, die Turmhauben und Fensterrahmen stammen. Dann wurde unter der selbstherrlichen Fürstäbtissin Franziska Christine aus dem Haus Pfalz-Sulzbach (1726—76) das Schloß „zu zwei unterschieden Malen erneuert und ansehnlich vergrößert“. Über dem Hauptportal ließ sie unter dem von Löwen gehaltenen Essener Stiftswappen die stolze Inschrift anbringen: „Von Gottes Gnaden Franziska Christina Pfalzgräfin bey Rhein und D.H.R.R. Fürstin und Äbtissin der Kayserlich freiweltlichen Stifter Essen und Thorn, in Bayern, zu Gülich, Cleve und Berg, Fürstin zu Moers, Gräfin von Veldenz, Sponheim, der Mark und Ravensberg, Frau zu Ravenstein, Breysig, Rellinghausen. Anno 1744“. Ihre Nachfolgerin, die letzte Fürstäbtissin Maria Kunigunde, die Tochter Augusts des Starken von Sachsen, eine der Wegbereiter der späteren industriellen Entwicklung (auf ihren Hüttenbetrieben erstand später die „Gutehoffnungshütte“), hat zwar die meiste Zeit außerhalb ihres Fürstentums bei ihrem Bruder, dem Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus, in Koblenz verbracht, aber von der glänzenden Hofhaltung des Bruders fiel auch ein kleiner Abglanz auf Borbeck. Aus der romantischen Einstellung der Zeit wurde der weitgedehnte Park mit Wasserkaskaden und einer künstlichen Ruine ausgestattet (Bild 2). Dieser Park gibt der ganzen Anlage einen eigenen Reiz. Von breiten, tiefen, baumbestandenen Wassergräben berahmt erhebt sich das dreigeschossige Schloß (Bild 1). Zwei wuchtige quadratische Wohntürme flankieren am Ende der 13 m langen Brücke die Eingangsfront. Ihre barock gezeichneten Turmhauben führen die eigenwilligen Wellenlinien des breiten Giebels weiter und lassen sie in achteckige Laternen ausklingen. Die französische Revolution bedeutete das Ende des Fürstentums. 1804 erwarben die Grafen v. d. Recke-Volmarstein Borbeck; 1827, ein Jahr nachdem Maria Kunigunde in Dresden verschieden, die Frhr. v. Fürstenberg, die 1842 vor der Schloßinsel breit gelagerte Wirtschaftsgebäude aufführen ließen und mit plastischen Schmückstücken von Schloß Horst (s. u.) verzierten. Damals wurde auch von Schloß Hugenpoet bei Kettwig das schöne schmiedeeiserne Gitter vom Ende d. 17. Jh. am Eingang des neuen Wirtschaftshofs aufgestellt. — Die zweite Residenz der Essener Fürstäbtissinnen, das 1699 erbaute Schloß „Auf der Luft' in Steele, ist im 19. Jh. abgetragen worden. Von der mittelalterlichen Burg auf dem Essener Burgplatz, die ebenfalls von Anna Salome v. Salm-Reifferscheid im 17. Jh. ausgebaut wurde, ist seit 1883 nur noch ein schlichter Bau erhalten. Seit dem 14. Jh. hatte sie hauptsächlich nur noch Empfängen zu dienen gehabt, so 1377 dem Empfang Kaiser Karls IV.

Schloß Schnellenberg mit seinem großen Waldpark war vor einigen Jahren noch Wohnsitz der .„Erbdrosten im Fürstentum Essen“, der Frhr. von Vittinghoff-Schell, die hier seit 1452 ansässig waren. Aber die Geschichte des Sitzes reicht vermutlich noch in das 13. Jh. Mit rührender Ungeniertheit hat man hier vor und nach den Sitz zu der heutigen malerischen Baugruppe ausgebaut (Bild 3—5). Der alte Burgkern des 14. Jh., Bergfried, Burghaus und Kapelle (A.B.C.1. Bild 5), ist durch spätere Anbauten verschalt. Die kreuzgewölbte Kapelle (A) wird eingezwängt von einem zweigeschossigen Anbau der 2. Hälfte des 17. Jh. (D) und einem klassizistischen dreigeschossigen (E) von 1820 (Bild +). 1670 erhielt die Kapelle eine Barockhaube, Ähnlich der zu Borbeck. Das alte Burghaus (B), das im 17. Jh. mit einer Barockdecke und Deckenmalerei in Stuckkartuschen ausgestattet wurde, zeigt außen noch die alten schmalen kreuzlosen Fensterformen. An den ältesten Teil hat man 1660 den Ostflügel F mit dem viereckigen Eckturm und einer geschweiften Haube angebaut. Diese malerische Anlage wird noch durch die Wirtschaftsgebäude von 1660 und 1672 bereichert, deren einer Flügel 1780 die reizvolle lange Holzgalerie erhalten hat (Bild 3). Dazu im Park die beiden idyllischen Gartenhäuser mit Treppenaufgängen und Barockhauben von 1674 und Anfang des 18. Jh.

Die Prälatur zu Werden. Die mittelalterliche Abtei des 13. Jh., im 16. Jh. weiter ausgebaut, hatte 1745 einem stattlichen Neubau einer regelmäßigen dreiflügeligen cour d'honneur mit einem Torsebäude in der Mittelachse weichen müssen, teils weil die Abtei in den Kriegswirren des 15. u. 16. Jh. oft heimgesucht worden, teils aus Gründen zeitgemäßer fürstlicher Repräsentation der durch Ruhrschiffahrt, Bergbau, Fabrikunternehmen und Landbesitz reichen Äbte (Bild 6). Als nach fast tausendjähriger Herrlichkeit die Abtei 1801 ihr Ende fand, wurde die gesamte Innenausstattung von den neuen Landesherren in alle Winde verkauft, 1804 im Abteigebäude eine. Tuchfabrik eingerichtet, 1811 ein Zuchthaus. Die Fenster wurden vergittert, die schmiedeeisernen Geländer der ausladenden Freitreppe und des Balkons über dem Hauptportal, d. h. künstlerisch verbindende Formelemente entfernt, der Ernst der neuen Bestimmung der Gebäude bestimmt durch festungsartige Anbauten an das Torhaus und eine hohe Mauer, die Torhaus und Hauptbau trennt und die frühere festliche Raumentwicklung der Hofanlage stark beeinträchtigt. Aber trotz dieser entstellenden baulichen Eingriffe hat die ehemalige Prälatur doch noch vieles von ihrer fürstlichen Haltung sich bewahrt: die guten Verhältnisse der Baumassen zu einander, der Giebel und Portale der Seitenflügel zu denen des Hauptbaus in einer wirkungsvollen Steigerung des dominierenden dreiachsigen Mittelstücks mit seiner Pilastergliederung und dem barock geschweiften Giebel hinter der geschmeidig gegliederten bequemen Freitreppe und die Geschlossenheit der Fassaden durch durchlaufende Horizontalbänder. Die verschiedenen Bauund Stilunterschiede der einzelnen Bauperioden heben sich deutlich voneinander ab: der dreigeschossige barocke Hauptbau, 1755 vollendet, die zweigeschossigen Seitenflügel mit klassizistischen Dreiecksgiebeln und schlichteren Fensterrahmen 1764 u. 1785, der Torbau mit seiner zierlichen Gliederung 1794. Von den Baumeistern wissen wir einstweilen noch nichts. Die nächsten verwandten Bauten sucht man wohl in der interessanten Auswirkung des frühen niederländischen Klassizismus in den westfälischen Schloßbauten und Kirchenfassaden um 1700. — Zum Schutz der Ruhrbrücke und der Hauptstadt des Werdener Staatsgebildes hatte der Vogt von Werden, d. h. der Schutzherr, der baulustige Herzog Adolf v. Berg, dicht am Ufer neben dem ehemaligen Brückentor ein Kastell errichtet, das sein Sohn Johann I. 1444 weiter ausbaute, eine architektonisch interessante Anlage, die 1847 als Gefängnis und Armenhaus z. T. noch bestand. Dieses „castrum illustrissimum ducis Clivie“ ist abgebildet in Braun u. Hogenbergs „Städtebuch“ 1576. — Um diese beiden Schloßbauten sammelten sich in der Nachbarschaft die Fürstabteilichen Werdenschen Lehnshöfe Oefte, Isenburg, Baldeney, Scheppen usw.

Haus Oefte wird bereits i. J. 844 als werdenscher Lehnshof genannt. Seit dem 13. Jh. sitzen hier die Herren v. Eller oder v. Oefte genannt. 1377 wurde es Lehen der Erzbischöfe von Köln. Von 1454—1648 wechseln sich die Sippen v. Eller und v. Uhlenbroeck ab in der Belehnung. Von da ab vielerlei Besitzer, bis 1822 das Gut übergeht an die Grafen v. d. Schulenburg. Die alte romanische Anlage des heute noch von Burggräften eingefaßten Hauses des 13. Jh. ist im Küchenkeller, dem unteren Teil des nordwestlichen Flügels neben dem Bergfried, noch zu erkennen: Rundsäulen au! achteckigen Basen mit schweren Kapitellen und flach gedrückten Gurten. Nachdem bereits im 18. und 19. Jh. vielerlei bauliche Veränderungen stattgefunden haben, hat der vorletzte Umbau 1883 den mittelalterlichen Bergfried um ein Geschoß mit vorkragendem Zinnenkranz erhöht, und der letzte Umbau die Treppengiebel und spielerischen Ecktürmchen geschaffen. Das Innere ist Mitte des 19. Jh. mit feinem Verständnis mit neugotischem Mobiliar im Geschmack des Viollet-le-Duc ausgestattet worden.

Die Isenburg aus dem Anfang des 13. Jh. wurde 1288 zerstört, wieder aufgebaut und stand noch im 16. Jh. Nach einer Beschreibung der Zeit im frhrl. v. Vittinghoffschen Archiv hatte man die Gräben künstlich in die Felsen schlagen müssen. Eine Zugbrücke führte über sie zu einem großen Wehrturm und der mit acht Türmen bewehrten Unterburg (onderhues) für Ställe und „det husgesin over 400“. Von dort ging man „met 15 trappen“ durch einen weiteren Wehrbau zur Hochburg, ‚‚da de juncker wont" und die nochmals mit vier Turmbauten bewehrt war. Von hier aus konnte man weit und breit die Ruhrlandschaft übersehen, und ‚‚det hues hefft so veel kammers, dat ock so as ob det onderhues 400 mans wonen kunnen". Über 247 Stufen führte die Treppe hinab in den Felsenkeller. Ausgrabungen des ‚„‚Ruhrland-Museums'' zu Essen werden bald ein Bild der ausgedehnten und bedeutsamen Anlage vermitteln können.

Auf Haus Baldeney, unweit der Ruhr gelegen, saßen die Werdener Erbmarschälle v. Lytene (14. Jh.), Krafft Stecke zu Mylendonck (15. Jh.), v. Vittinghoff und v. Eyll (16. Jh.), v. Neuhoff und v. Drimborn (17. Jh.) und seit 1747 die v. Schirp. Ein bescheidener Rittersitz; um den dreigeschossigen mittelalterlichen Bergfried aus Ruhrsandstein gruppieren sich an drei Seiten Bauflügel späterer Zeit. Das 19. Jh. hat die anstoßenden Wohnflügel durchgreifend verändert.

Haus Scheppen auf dem andern Ruhrufer, wo die Werdener Erbdrosten verwandter Namen wie auf Baldeney saßen, hat aber noch den Reiz des wenig Veränderlen (Bild 7). Eine rechteckige Hofanlage aus Ruhrsandstein, an der liingangsfassade dreigeschossige quadratische Ecktürme mit stumpfem Pyramidendach. die alte rundbogige Durchfahrt und schmale schlichte Fenster, rechts von der Durchfahrt die Kapelle.

Die Bergische Landesburg Landsberg unterhalb Werden auf der Anhöhe über der Werden-Düsseldorfer I.andstraße war der vorgeschobene befestigte Stützpunkt der Grafen v. Berg zur Beobachtung und Verteidigung des Ruhrübergangs bei Kettwig und der Landstraße nach dem bergischen Städtchen Ratingen (Bild 8). Durch seine strategisch gesicherte Lage hat er im Mittelalter selten kriegerische Verwicklungen erlebt, bis 1633 zuerst Kaiserliche, dann Schweden den Brückenübergang erzwangen und die Burg eroberten, die die Bergischen 1635 zurückgewannen; 1688 saßen hier Franzosen, 1689 Brandenburger und Münsterische. Von der mittelalterlichen Burganlage vom Ausgang des 13. Jh. ragt noch der 11x11 m breite, 33 m hohe quadratische Bergfried aus Ruhrsandstein auf mit backsteinerner Brüstung auf vorkragendem Bogenfries mit Hausteinkragsteinen. Erhalten sind auch noch die mittelalterlichen Fensteröffnungen. Über 2m dick die Mauern des Turms, der unmittelbar auf dem Felsmassiv aufwächst. In dem tonnengewölbten Erdgeschoß wurde 1903 ein heimlicher unterirdischer Gang zu dem unterhalb der Burg gelegenen Dahlhof aufgedeckt. Das zweite kreuzgewölbte Geschoß faßt die Kapelle, darüber noch zwei Geschosse. An eine der Turmecken angelehnt der achteckige schmale Treppenturm, der seine Pyramide über die Turmbrüstung hinausreckt. Der Bergfried beherrschte den Bergaufgang. Eine Brücke führt über den 10 m breiten, 6 m tiefen Graben durch einen Torbau neben dem Turmbau in den Burghof, der, von Ringmauern eingefaßt, das Burghaus aufnahm. Im 15. Jh. erhielten die Ringmauern zur Verstärkung nach der Ruhr zu den noch erhaltenen Rundturm, dessen barocke Turmhaube erst von 1639. 1655 wurde ein Anbau aufgeführt, ebenso ein neues Torhaus und die alte Holzbrücke über den Graben durch eine Steinbrücke ersetzt: 1666 an Stelle des unwohnlich gewordenen mittelalterlichen Palas ein geräumiges Herrenhaus mit den barock geschwungenen Giebeln; 1717 die Terrassen und Gartenanlagen. Der erste bergische Burgmann war der Ritter Philipp v. Landsberg (f 1317), von dem die westfälischen Linien LandsbergVelen und Landsberg-Drensteinfurt abstammen. Durch Heirat kam nach Aussterben des Mannesstamms der Landsberg zu Landsberg 1704 der Besitz an die Familie v. Bevern. ‚‚Der Wiedererwerbung dieses Familienbesitzes im Jahre 1837 zum Gedächtnis" ließen die Landsberg-Drensteinfurt über dem Tor anbringen, als sie die Burg wieder ihrem Familiennamen zurückgewonnen hatten. Aber 1903 ging der Besitz über an August Thyssen, der in etwas veränderter Form den Bau von 1666 wiederherstellte und an Stelle des Baus von 1655 in Anpassung an den von 1666 einen Neubau aufführte.

Schloß Horst Emscher. Unweit Landberg beherbergt unten im Tal Schloß Hugenpoet (s. Heft „Schloß Hugenpoet') die Renaissanceprunkkamine von Schloß Horst, der ehemaligen Residenz des politisch einflußreichen kurkölnischen Marschalls und Statthalters im Vest Recklinghausen Rüttger v. d. Horst (Bild 9). Von den vier Flügeln und vier quadratischen Ecktürmen der regelmäßigen rechteckigen Hofanlage ist seit 1851 nur noch ein Flügel erhalten; genaue geometrische Aufnahmen der ehemaligen Fassaden, Schnitte und Grundrisse in der Schloßbibliothek zu Berlin; die überreichen plastischen Reste der Fassaden, Portale und Kaminaufbauten im Schloßmuseum zu Horst, bedeutungsvolles abwechslungsreiches Material zur Geschichte der nordwestdeutschen Renaissanceplastik, Arheiten nach dekorativen und Bildstichvorlagen. An alter Stelle noch erhalten der figurenreiche Küchenkamin. Die Bauarbeiten leitete 1558—67 Arndt Johannssen, Stadtbaumeister von Arnheim; von ihm stammen der heute noch erhaltene Flügel mit dem langen, die ganze Fassade durchschießenden Erker und der anschließende Flügel mit dem reich durch Bandwerk belebten flandrischen Volutengiebel im Hof (Bild 9). Die Bauplastik besorgte Laurentz van Brachum aus Wesel, die figürlichen Arbeiten Heinrich und Wilhelm Vernukken aus Kalkar, später Joist de la Court, der 1567—78 auch das Schloß nach französischem Vorbild mit den vier Ecktürmen ausbaute. Diese beispiellos reich ausgestattete und wichtigste Renaissanceschöpfung in Nordwestdeutschland war ein einflußreicher künstlerischer Ausstrahlungspunkt: Arndt Johannssen begegnen wir wieder auf Schloß Frens i. Kr. Bergheim; Laurentz van Brachum in Münster und auf den Lippeschlössern Geist, Assen, Hovestadt, Overhagen; Wilhelm Vernukken in der Kölner Rathausvorhalle, der Schloßkirche zu Schmalkalden und im Landgrafendenkmal der Stiftskirche zu St. Goar; Jeist de la Court auf den Schlössern zu Jülich, Rheydt und Bedburg.

Literatur:

  • Grevel, Humann, Seemann i. d. „Beiträgen z. Gesch. von Stadt und Stift Essen“.

  • Paul Clemen „Kunstdenkmäler des Kreises Essen“ (1893).

  • Paul Clemen „Kunstdenkmäler d. Kreises Düsseldorf' (1894).

  • Heinr. Knüfermann, „Schloß Landsberg bei Kettwig“ (1904). —

  • Rich. Klapheck, „Die Meister von Schloß Horst“ (1915).

RICHARD KLAPHECK. Düsseldorf 1936.

 

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