Die
Schloßbauten in und um Essen spiegeln die
geographisch-politischen Verhältnisse des Römischen Reiches
Deutscher Nation vor der großen Umgestaltung der Landkarte nach dem
Frieden von Luneville 1801 wider: dicht benachbart auf engem Umkreis
die Freie Reichsstadt Essen; das Fürstentum Essen mit seiner Burg
auf dem Burgplatz und seinen Sommerresidenzen zu Steele und Borbeck
Bild 1,2) und seinem Erbdrostensitz auf dem Schellenberg (Bild 3—5);
die reichsunmittelbare reichbegüterte Benediktinerabtei Werden mit
ihrer ansehnlichen Schloß-Prälatur (Bild 6) und ihren Lehnshöfen zu
Baldeney, Scheppen (Bild 7) und Oefte; das Herzogtum Berg mit seiner
hochgelegenen Landesburg Landsberg (Bild 8) und in nächster
Nachbarschaft Schloß Hugenpoet (s. Heft „Schloß Hugenpoet''); die
Isenburg, der Stammsitz der Grafen v. d. Mark; unmittelbar an der
Grenze des früheren Fürstentums Essen das zu Kurköln gehörende Vest
Recklinghausen mit seiner üppigen Statthalter-Residenz Horst (Bild
9) und den verschiedenen Emscher-Herrensitzen in Westfalen:
schließlich die benachbarte Grafschaft Mark mit ihren Ruhrburgen.
Zählt man dazı noch die fränkisch-germanischen Burganlagen zu Werden
(in Vorbereitung: Heft „Fränkische Burgen zu Werden und Essen“), so
ergibt das Gesamtbild eine reiche und anschauliche Übersicht über
die Geschichte des heimischen Wehrbaus. Heute sind die Häuser
Borbeck, Horst und Baldeney mit ihren Grünanlagen Gast- und
Erholungsstätten der Industriestadt; Schellenberg Säuglingsheim der
Stadt Essen, die sich auch frühzeitig den großen Waldbestand um
Schellenberg und Isenburg gesichert hat; Lungen der Industriestadt,
wichtige Faktoren in Essens weitsichtig klug erfaßter
städtebaulicher Mission einer aus den Geländevoraussetzungen und
Himmels- und Windrichtung sich ergebenden vorbildlichen
Großstadtsiedlung der Gartenstadt an der Ruhr nach rationeller
Verteilung des Industrie-, Wohnund Erholungsgebiets (in
Vorbereitung: Heft „Die Großstadtsiedlung Essen“).
Schloß
Borbeck, ehemals ein Oberhof der Ritter v. Borbeck; kam 1227 in
den Besitz der Fürstäbtissin von Essen. Fürstäbtissin Sophia aus dem
Haus v. Gleichen (1459—-89) ließ hier Goldgulden schlagen, „moneta
nova aurea Borbecensis'. 1584 verwüsteten die Spanier den Bau.
Fürstäbtissin Elisabeth aus dem Haus Manderscheid-Blankenheim (1588
—98) ließ das Schloß wiederherstellen, dessen heutige Gestalt im
Kern auf diese Umbauten zurückgeht (Bild 1). Seitdem war Borbeck die
eigentliche Residenz der Fürstäbtissinnen. Der
Niederländisch-Spanische und der Dreißigjährige Krieg zogen auch das
Schloß stark in Mitleidenschaft, so daß 1655 Fürstäbtissin Anna
Salome aus dem Haus Salm-Reifferscheid große bauliche
Wiederherstellungen vornehmen mußte. Aus dieser Zeit mögen der
geschweifte Giebel, die Turmhauben und Fensterrahmen stammen. Dann
wurde unter der selbstherrlichen Fürstäbtissin Franziska Christine
aus dem Haus Pfalz-Sulzbach (1726—76) das Schloß „zu zwei
unterschieden Malen erneuert und ansehnlich vergrößert“. Über dem
Hauptportal ließ sie unter dem von Löwen gehaltenen Essener
Stiftswappen die stolze Inschrift anbringen: „Von Gottes Gnaden
Franziska Christina Pfalzgräfin bey Rhein und D.H.R.R. Fürstin und
Äbtissin der Kayserlich freiweltlichen Stifter Essen und Thorn, in
Bayern, zu Gülich, Cleve und Berg, Fürstin zu Moers, Gräfin von
Veldenz, Sponheim, der Mark und Ravensberg, Frau zu Ravenstein,
Breysig, Rellinghausen. Anno 1744“. Ihre Nachfolgerin, die letzte
Fürstäbtissin Maria Kunigunde, die Tochter Augusts des Starken von
Sachsen, eine der Wegbereiter der späteren industriellen Entwicklung
(auf ihren Hüttenbetrieben erstand später die „Gutehoffnungshütte“),
hat zwar die meiste Zeit außerhalb ihres Fürstentums bei ihrem
Bruder, dem Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus, in Koblenz
verbracht, aber von der glänzenden Hofhaltung des Bruders fiel auch
ein kleiner Abglanz auf Borbeck. Aus der romantischen Einstellung
der Zeit wurde der weitgedehnte Park mit Wasserkaskaden und einer
künstlichen Ruine ausgestattet (Bild 2). Dieser Park gibt der ganzen
Anlage einen eigenen Reiz. Von breiten, tiefen, baumbestandenen
Wassergräben berahmt erhebt sich das dreigeschossige Schloß (Bild
1). Zwei wuchtige quadratische Wohntürme flankieren am Ende der 13 m
langen Brücke die Eingangsfront. Ihre barock gezeichneten Turmhauben
führen die eigenwilligen Wellenlinien des breiten Giebels weiter und
lassen sie in achteckige Laternen ausklingen. Die französische
Revolution bedeutete das Ende des Fürstentums. 1804 erwarben die
Grafen v. d. Recke-Volmarstein Borbeck; 1827, ein Jahr nachdem Maria
Kunigunde in Dresden verschieden, die Frhr. v. Fürstenberg, die 1842
vor der Schloßinsel breit gelagerte Wirtschaftsgebäude aufführen
ließen und mit plastischen Schmückstücken von Schloß Horst (s. u.)
verzierten. Damals wurde auch von Schloß Hugenpoet bei Kettwig das
schöne schmiedeeiserne Gitter vom Ende d. 17. Jh. am Eingang des
neuen Wirtschaftshofs aufgestellt. — Die zweite Residenz der Essener
Fürstäbtissinnen, das 1699 erbaute Schloß „Auf der Luft' in Steele,
ist im 19. Jh. abgetragen worden. Von der mittelalterlichen Burg auf
dem Essener Burgplatz, die ebenfalls von Anna Salome v.
Salm-Reifferscheid im 17. Jh. ausgebaut wurde, ist seit 1883 nur
noch ein schlichter Bau erhalten. Seit dem 14. Jh. hatte sie
hauptsächlich nur noch Empfängen zu dienen gehabt, so 1377 dem
Empfang Kaiser Karls IV.
Schloß
Schnellenberg mit seinem großen Waldpark war vor einigen Jahren
noch Wohnsitz der .„Erbdrosten im Fürstentum Essen“, der Frhr. von
Vittinghoff-Schell, die hier seit 1452 ansässig waren. Aber die
Geschichte des Sitzes reicht vermutlich noch in das 13. Jh. Mit
rührender Ungeniertheit hat man hier vor und nach den Sitz zu der
heutigen malerischen Baugruppe ausgebaut (Bild 3—5). Der alte
Burgkern des 14. Jh., Bergfried, Burghaus und Kapelle (A.B.C.1. Bild
5), ist durch spätere Anbauten verschalt. Die kreuzgewölbte Kapelle
(A) wird eingezwängt von einem zweigeschossigen Anbau der 2. Hälfte
des 17. Jh. (D) und einem klassizistischen dreigeschossigen (E) von
1820 (Bild +). 1670 erhielt die Kapelle eine Barockhaube, Ähnlich
der zu Borbeck. Das alte Burghaus (B), das im 17. Jh. mit einer
Barockdecke und Deckenmalerei in Stuckkartuschen ausgestattet wurde,
zeigt außen noch die alten schmalen kreuzlosen Fensterformen. An den
ältesten Teil hat man 1660 den Ostflügel F mit dem viereckigen
Eckturm und einer geschweiften Haube angebaut. Diese malerische
Anlage wird noch durch die Wirtschaftsgebäude von 1660 und 1672
bereichert, deren einer Flügel 1780 die reizvolle lange Holzgalerie
erhalten hat (Bild 3). Dazu im Park die beiden idyllischen
Gartenhäuser mit Treppenaufgängen und Barockhauben von 1674 und
Anfang des 18. Jh.
Die
Prälatur zu Werden. Die mittelalterliche Abtei des 13. Jh., im
16. Jh. weiter ausgebaut, hatte 1745 einem stattlichen Neubau einer
regelmäßigen dreiflügeligen cour d'honneur mit einem Torsebäude in
der Mittelachse weichen müssen, teils weil die Abtei in den
Kriegswirren des 15. u. 16. Jh. oft heimgesucht worden, teils aus
Gründen zeitgemäßer fürstlicher Repräsentation der durch
Ruhrschiffahrt, Bergbau, Fabrikunternehmen und Landbesitz reichen
Äbte (Bild 6). Als nach fast tausendjähriger Herrlichkeit die Abtei
1801 ihr Ende fand, wurde die gesamte Innenausstattung von den neuen
Landesherren in alle Winde verkauft, 1804 im Abteigebäude eine.
Tuchfabrik eingerichtet, 1811 ein Zuchthaus. Die Fenster wurden
vergittert, die schmiedeeisernen Geländer der ausladenden Freitreppe
und des Balkons über dem Hauptportal, d. h. künstlerisch verbindende
Formelemente entfernt, der Ernst der neuen Bestimmung der Gebäude
bestimmt durch festungsartige Anbauten an das Torhaus und eine hohe
Mauer, die Torhaus und Hauptbau trennt und die frühere festliche
Raumentwicklung der Hofanlage stark beeinträchtigt. Aber trotz
dieser entstellenden baulichen Eingriffe hat die ehemalige Prälatur
doch noch vieles von ihrer fürstlichen Haltung sich bewahrt: die
guten Verhältnisse der Baumassen zu einander, der Giebel und Portale
der Seitenflügel zu denen des Hauptbaus in einer wirkungsvollen
Steigerung des dominierenden dreiachsigen Mittelstücks mit seiner
Pilastergliederung und dem barock geschweiften Giebel hinter der
geschmeidig gegliederten bequemen Freitreppe und die Geschlossenheit
der Fassaden durch durchlaufende Horizontalbänder. Die verschiedenen
Bauund Stilunterschiede der einzelnen Bauperioden heben sich
deutlich voneinander ab: der dreigeschossige barocke Hauptbau, 1755
vollendet, die zweigeschossigen Seitenflügel mit klassizistischen
Dreiecksgiebeln und schlichteren Fensterrahmen 1764 u. 1785, der
Torbau mit seiner zierlichen Gliederung 1794. Von den Baumeistern
wissen wir einstweilen noch nichts. Die nächsten verwandten Bauten
sucht man wohl in der interessanten Auswirkung des frühen
niederländischen Klassizismus in den westfälischen Schloßbauten und
Kirchenfassaden um 1700. — Zum Schutz der Ruhrbrücke und der
Hauptstadt des Werdener Staatsgebildes hatte der Vogt von Werden, d.
h. der Schutzherr, der baulustige Herzog Adolf v. Berg, dicht am
Ufer neben dem ehemaligen Brückentor ein Kastell errichtet, das sein
Sohn Johann I. 1444 weiter ausbaute, eine architektonisch
interessante Anlage, die 1847 als Gefängnis und Armenhaus z. T. noch
bestand. Dieses „castrum illustrissimum ducis Clivie“ ist abgebildet
in Braun u. Hogenbergs „Städtebuch“ 1576. — Um diese beiden
Schloßbauten sammelten sich in der Nachbarschaft die
Fürstabteilichen Werdenschen Lehnshöfe Oefte, Isenburg, Baldeney,
Scheppen usw.
Haus Oefte
wird bereits i. J. 844 als werdenscher Lehnshof genannt. Seit dem
13. Jh. sitzen hier die Herren v. Eller oder v. Oefte genannt. 1377
wurde es Lehen der Erzbischöfe von Köln. Von 1454—1648 wechseln sich
die Sippen v. Eller und v. Uhlenbroeck ab in der Belehnung. Von da
ab vielerlei Besitzer, bis 1822 das Gut übergeht an die Grafen v. d.
Schulenburg. Die alte romanische Anlage des heute noch von
Burggräften eingefaßten Hauses des 13. Jh. ist im Küchenkeller, dem
unteren Teil des nordwestlichen Flügels neben dem Bergfried, noch zu
erkennen: Rundsäulen au! achteckigen Basen mit schweren Kapitellen
und flach gedrückten Gurten. Nachdem bereits im 18. und 19. Jh.
vielerlei bauliche Veränderungen stattgefunden haben, hat der
vorletzte Umbau 1883 den mittelalterlichen Bergfried um ein Geschoß
mit vorkragendem Zinnenkranz erhöht, und der letzte Umbau die
Treppengiebel und spielerischen Ecktürmchen geschaffen. Das Innere
ist Mitte des 19. Jh. mit feinem Verständnis mit neugotischem
Mobiliar im Geschmack des Viollet-le-Duc ausgestattet worden.
Die
Isenburg aus dem Anfang des 13. Jh. wurde 1288 zerstört, wieder
aufgebaut und stand noch im 16. Jh. Nach einer Beschreibung der Zeit
im frhrl. v. Vittinghoffschen Archiv hatte man die Gräben künstlich
in die Felsen schlagen müssen. Eine Zugbrücke führte über sie zu
einem großen Wehrturm und der mit acht Türmen bewehrten Unterburg
(onderhues) für Ställe und „det husgesin over 400“. Von dort ging
man „met 15 trappen“ durch einen weiteren Wehrbau zur Hochburg, ‚‚da
de juncker wont" und die nochmals mit vier Turmbauten bewehrt war.
Von hier aus konnte man weit und breit die Ruhrlandschaft übersehen,
und ‚‚det hues hefft so veel kammers, dat ock so as ob det onderhues
400 mans wonen kunnen". Über 247 Stufen führte die Treppe hinab in
den Felsenkeller. Ausgrabungen des ‚„‚Ruhrland-Museums'' zu Essen
werden bald ein Bild der ausgedehnten und bedeutsamen Anlage
vermitteln können.
Auf Haus
Baldeney, unweit der Ruhr gelegen, saßen die Werdener
Erbmarschälle v. Lytene (14. Jh.), Krafft Stecke zu Mylendonck (15.
Jh.), v. Vittinghoff und v. Eyll (16. Jh.), v. Neuhoff und v.
Drimborn (17. Jh.) und seit 1747 die v. Schirp. Ein bescheidener
Rittersitz; um den dreigeschossigen mittelalterlichen Bergfried aus
Ruhrsandstein gruppieren sich an drei Seiten Bauflügel späterer
Zeit. Das 19. Jh. hat die anstoßenden Wohnflügel durchgreifend
verändert.
Haus
Scheppen auf dem andern Ruhrufer, wo die Werdener Erbdrosten
verwandter Namen wie auf Baldeney saßen, hat aber noch den Reiz des
wenig Veränderlen (Bild 7). Eine rechteckige Hofanlage aus
Ruhrsandstein, an der liingangsfassade dreigeschossige quadratische
Ecktürme mit stumpfem Pyramidendach. die alte rundbogige Durchfahrt
und schmale schlichte Fenster, rechts von der Durchfahrt die
Kapelle.
Die
Bergische Landesburg Landsberg unterhalb Werden auf der Anhöhe
über der Werden-Düsseldorfer I.andstraße war der vorgeschobene
befestigte Stützpunkt der Grafen v. Berg zur Beobachtung und
Verteidigung des Ruhrübergangs bei Kettwig und der Landstraße nach
dem bergischen Städtchen Ratingen (Bild 8). Durch seine strategisch
gesicherte Lage hat er im Mittelalter selten kriegerische
Verwicklungen erlebt, bis 1633 zuerst Kaiserliche, dann Schweden den
Brückenübergang erzwangen und die Burg eroberten, die die Bergischen
1635 zurückgewannen; 1688 saßen hier Franzosen, 1689 Brandenburger
und Münsterische. Von der mittelalterlichen Burganlage vom Ausgang
des 13. Jh. ragt noch der 11x11 m breite, 33 m hohe quadratische
Bergfried aus Ruhrsandstein auf mit backsteinerner Brüstung auf
vorkragendem Bogenfries mit Hausteinkragsteinen. Erhalten sind auch
noch die mittelalterlichen Fensteröffnungen. Über 2m dick die Mauern
des Turms, der unmittelbar auf dem Felsmassiv aufwächst. In dem
tonnengewölbten Erdgeschoß wurde 1903 ein heimlicher unterirdischer
Gang zu dem unterhalb der Burg gelegenen Dahlhof aufgedeckt. Das
zweite kreuzgewölbte Geschoß faßt die Kapelle, darüber noch zwei
Geschosse. An eine der Turmecken angelehnt der achteckige schmale
Treppenturm, der seine Pyramide über die Turmbrüstung hinausreckt.
Der Bergfried beherrschte den Bergaufgang. Eine Brücke führt über
den 10 m breiten, 6 m tiefen Graben durch einen Torbau neben dem
Turmbau in den Burghof, der, von Ringmauern eingefaßt, das Burghaus
aufnahm. Im 15. Jh. erhielten die Ringmauern zur Verstärkung nach
der Ruhr zu den noch erhaltenen Rundturm, dessen barocke Turmhaube
erst von 1639. 1655 wurde ein Anbau aufgeführt, ebenso ein neues
Torhaus und die alte Holzbrücke über den Graben durch eine
Steinbrücke ersetzt: 1666 an Stelle des unwohnlich gewordenen
mittelalterlichen Palas ein geräumiges Herrenhaus mit den barock
geschwungenen Giebeln; 1717 die Terrassen und Gartenanlagen. Der
erste bergische Burgmann war der Ritter Philipp v. Landsberg (f
1317), von dem die westfälischen Linien LandsbergVelen und
Landsberg-Drensteinfurt abstammen. Durch Heirat kam nach Aussterben
des Mannesstamms der Landsberg zu Landsberg 1704 der Besitz an die
Familie v. Bevern. ‚‚Der Wiedererwerbung dieses Familienbesitzes im
Jahre 1837 zum Gedächtnis" ließen die Landsberg-Drensteinfurt über
dem Tor anbringen, als sie die Burg wieder ihrem Familiennamen
zurückgewonnen hatten. Aber 1903 ging der Besitz über an August
Thyssen, der in etwas veränderter Form den Bau von 1666
wiederherstellte und an Stelle des Baus von 1655 in Anpassung an den
von 1666 einen Neubau aufführte.
Schloß
Horst Emscher. Unweit Landberg beherbergt unten im Tal Schloß
Hugenpoet (s. Heft „Schloß Hugenpoet') die Renaissanceprunkkamine
von Schloß Horst, der ehemaligen Residenz des politisch
einflußreichen kurkölnischen Marschalls und Statthalters im Vest
Recklinghausen Rüttger v. d. Horst (Bild 9). Von den vier Flügeln
und vier quadratischen Ecktürmen der regelmäßigen rechteckigen
Hofanlage ist seit 1851 nur noch ein Flügel erhalten; genaue
geometrische Aufnahmen der ehemaligen Fassaden, Schnitte und
Grundrisse in der Schloßbibliothek zu Berlin; die überreichen
plastischen Reste der Fassaden, Portale und Kaminaufbauten im
Schloßmuseum zu Horst, bedeutungsvolles abwechslungsreiches Material
zur Geschichte der nordwestdeutschen Renaissanceplastik, Arheiten
nach dekorativen und Bildstichvorlagen. An alter Stelle noch
erhalten der figurenreiche Küchenkamin. Die Bauarbeiten leitete
1558—67 Arndt Johannssen, Stadtbaumeister von Arnheim; von ihm
stammen der heute noch erhaltene Flügel mit dem langen, die ganze
Fassade durchschießenden Erker und der anschließende Flügel mit dem
reich durch Bandwerk belebten flandrischen Volutengiebel im Hof
(Bild 9). Die Bauplastik besorgte Laurentz van Brachum aus Wesel,
die figürlichen Arbeiten Heinrich und Wilhelm Vernukken aus Kalkar,
später Joist de la Court, der 1567—78 auch das Schloß nach
französischem Vorbild mit den vier Ecktürmen ausbaute. Diese
beispiellos reich ausgestattete und wichtigste Renaissanceschöpfung
in Nordwestdeutschland war ein einflußreicher künstlerischer
Ausstrahlungspunkt: Arndt Johannssen begegnen wir wieder auf Schloß
Frens i. Kr. Bergheim; Laurentz van Brachum in Münster und auf den
Lippeschlössern Geist, Assen, Hovestadt, Overhagen; Wilhelm
Vernukken in der Kölner Rathausvorhalle, der Schloßkirche zu
Schmalkalden und im Landgrafendenkmal der Stiftskirche zu St. Goar;
Jeist de la Court auf den Schlössern zu Jülich, Rheydt und Bedburg.
Literatur:
-
Grevel, Humann,
Seemann i. d. „Beiträgen z. Gesch. von Stadt und Stift Essen“.
-
Paul Clemen
„Kunstdenkmäler des Kreises Essen“ (1893).
-
Paul Clemen
„Kunstdenkmäler d. Kreises Düsseldorf' (1894).
-
Heinr. Knüfermann,
„Schloß Landsberg bei Kettwig“ (1904). —
-
Rich. Klapheck,
„Die Meister von Schloß Horst“ (1915).
RICHARD
KLAPHECK. Düsseldorf 1936.
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