2. Stadtplan 1629. A. Das frühere
Schloß. - B. Lambertuskirche. - C. Kreuzherrenkirche.
Rechts die frühere Zitadelle - Vgl. Bild 1
Städtebaugeschichtliches. Die Altstadt
Düsseldorf, das Gelände zwischen Kunstakademie, den (, _ sen hinter
dem Hindenburgwall und Wallstraße, führt heute noch baulich,
wohnlich und in a Lebensäußerungen des Straßentreibens, dazu als
Hüterin der altgeschichtlichen Baudenkmäler e vollkommenes
Eigendasein gegenüber der im Süden sich anschließenden Karlstadt des
18. Jh. un der Neustadt des 19. Jh. jenseits Hindenburgwall und
Haroldstraße (Bild 2). Ausstrahlender Mitte . punkt dieser Altstadt
ist der Marktplatz (Bild 3—5). Aber geschichtlich ist der Platz erst
das Ergebnis einer zweiten Stadterweiterung. Die älteste Stadt
Ausgang des 13. Jh. war das kleine, unregelmäßige Rechteck zwischen
Ritterstraße und dem später kanalisierten nördlichen Düsselarm,
Rhein und Liefergasse; im Mittelpunkt St. Lambertus (s. Heft St.
Lambertus) und Stiftsplatz ; landeinwärts vor dem Stadttor eine
Kapelle (Ci. Bild 2); auch das Grafenschloß (A), dessen Gräben die
Düssel speiste, lagaußerhalb der Stadt. Nur eine einzige Straße vom
Stadttor zum Rhein, die sich bezeichnend heute noch „Alte Stadt'
nennt. — Gegen 1380 erste Stadterweiterung östlich im Zug der
Ratinger Straße. Um 1394 plante Herzog Wilhelm I. v. Berg
(1360—1408) südlich dieser vergrößerten Altstadt eine neue
Erweiterung bis zum südlichen Düsselarm um den jetzigen Marktplatz
Bild 2). Aber es ging noch lange Zeit dahin, bis das Gelände bebaut
war. Die Heberegister v. 1425 zählen in der Altstadt um St.
Lambertus 43 zinspflichtige Häuser, in der Neustadt um die Ratinger
Straße 76, in der Vorstadt um den Marktplatz nur 25. Erst seitdem
Düsseldorf 1521 die zentral gelegene Hauptstadt der vereinigten
niederrheinischen Herzogtümer Kleve, Jülich, Berg geworden, begann
unter Herzog Wilhelm dem Reichen (1539 —92) der systematische
Ausbau der neuen Vorstadt.
Renaissance-Stadtplanung. Die regelmäßige
rechteckige Anlage des Marktplatzes, in sich saalartig geschlossen
in durchlaufenden gleichen Geschoßund Profilhöhen und weil die
einmündenden Straßen in den Platzecken gelegen (Bolker-, Marktund
Zollstraße, s. Bild 2—5), und die parallel laufenden Straßenzüge mit
ihren rechteckigen Häuserblocks verwirklichen ein auf geometrischer
Gesetzmäßigkeit beruhendes Städtebauideal des damaligen
Renaissancezeitalters. Herzog Wilhelm der Reiche, von Jugend auf ein
Freund der Erasmusschüler Konrad v, Heresbach, Johann v. Gogreve und
Je hann v. Vlatten, hatte den Erasmusschüler Johann Monheim als
Leiter der Gelehrtenschule nach Düsseldorf gezogen, die Erziehung
des in jungen Jahren in Rom verstorbenen Erbherzogs den
Orientalisten Masius und dem Humanisten Stephan Pighius anvertraut
und in seiner Begeisterung für die Antike 1549 auch einen
italienischen Renaissancearchitekten und Festungsbaumeister in seine
Dienste berufen, Alexander Pasqualiniaus Bologna. Damit begann in
den vereinigten nieder rheinischen Herzogtümern jahrzehntelang der
bestimmende Einfluß des Geschlechts der Pasqualini: was Alexander (f
1559) unvollendet hinterließ, führte sein Sohn Maximilian
(1534-——72) aus; diesem folgte im Amte Alexanders zweiter Sohn
Johannes (f um 1580), dann Maximilians Söhne Johannes II. ( um 1615)
und Alexander II. (1567—1625). — Das ausdrucksvollste Denkmal dieses
glänzenden Renaissancejahrhunderts am Düsseldorfer Hof, in seinem
klaren architektonischen Aufbau die künstlerisch reifste
Renaissanceschöpfung der Art in ganz Westdeutschland, trotz
flandrischer Formzusammenhänge unmittelbar auf Andrea Sansovinos
Grabdenkmäler in Rom und Venedig zurückgehend, ist das Grabmal
Wilhelms des Reichen in der Lambertuskirche (s. Heft ‚Die
Lambertuskirche zu Düsseldorf' Bild 7); 1599 von dem Kölner
Bildhauer Gerhard Scheben vollendet, höchstwahrscheinlich aber nach
dem Entwurf des vielgereisten Hofund Landesbaumeisters Johannes
Pasqualini d. J.), von dem auch die zugehörige Gruftkapelle stammt.
— Alexanders d.Ä. erste wichtige Bauaufgabe im Dienste Wilhelms des
Reichen war, nach dem verheerenden Stadtbrand 1547 in Jülich dort
den Ort nach neuzeitlicher städtebaulicher Planung neuaufzuführen,
die Festungswerke auszubauen und der Entwurf einer Zitadelle neben
der Stadt mit einem neuen monumentalen italienischen
Renaissance-Palazzo als herzoglichem Residenzschloß im Mittelpunkt
(s. Heft „Jülich'"). Verwandte Aufgaben hatten die Pasqualini in
Düsseldorf zu lösen: 1549—59 hatten sie das 1510 zerstörte
Residenzschloß auf dem Burgplatz auszubauen, von dem seit dem Brand
1872 nur noch ein Eckturm erhalten ist; die Rücksicht auf ältere
Wiederaufbauarbeiten anderer Hand ließ freilich nicht ein so
kristallklares Gebilde wie am Jülicher Schloß erstehen, das dem Land
eine ganz neue Vorstellung monumentaler Gliederung einer
italienischen Schloßhofanlage der Renaissance vermittelte. Zweitens
Ausbaupläne der Festungswerke, an die sich ähnlich wie in Jülich
eine Zitadelle anlehnte, wahrscheinlich mit einem geplanten
Schloßneubau wie dort (Bild t u. 2). Schließlich waren die
Pasqualini auch bestimmend für den Ausbau der von Herzog Wilhelm I.
gedachten Vorstadt um den Marktplatz. Die Anlage der in den Platz
einmündenden Straßen hat mit dem Jülicher Marktplatz wieder große
Verwandtschaft; weitere Parallelen in italienischen Städten. Was
aber in Jülich durch örtliche Verhältnisse nicht möglich, die
durchgehende Anlage regelmäßiger rechteckiger Häuserblocks, ließ
sich in Düsseldorf besser verwirklichen, weil hier das Gelände um
den Marktplatz noch nicht ausgebaut und die Straßenzüge vorher sehr
wahrscheinlich auch noch nicht bindend festgelegt waren (Bild 2).
5. Der
Marktplatz um 1860. Stahlstich von Jakob Buhl nach Zeichnung von F.
Fröhlig.
Links Zollstraße mit früherem Zolltor; Eckhaus des
Hofbildhauers Gabriel Grupello (Anfang 18. Jh.)anschließend
früheres Theater (um 1850); rechts Blick auf Burgplatz und Lambert
Baupolizeiverordnungen. Für die
Durchführung dieser neuzeitlichen Stadtplanung wurde am 10. Oktober
1554 eine allgemeine Jülich-Bergische Baupolizeiverordnung für
„Gebäude in den Städten" erlassen und für Düsseldorf später noch
besondere Verordnungen getroffen: „Alle Giebel, die an den Markt,
den Burgplatz und die öffentlichen Straßen kommen, sollen aus
Steinen gemauert und nicht übersetzt (überkragend) werden. An den
Eckhäusern sollen beide Giebel aus Steinen gemacht werden (s. Bild
5, 6). Zwischen den Häusern soll ... keine Gasse oder Traufe sein.
... An den Markt, den Burgplatz und die öffentlichen Straßen sollen
keine Scheunen oder Stallungen an die Straßenfront gesetzt werden.
Alle Gebäude sollen in gleiche Richtung gebracht und keines soll
vorgesetzt oder eingezogen werden. Keine Ferkelställe, heimliche
Gemächer (Aborte) oder Miste dürfen an den Straßen oder anderen
öffentlichen Plätzen liegen. ... Die Dächer sollen nicht zu weit in
die Straßen überhangen usw.'' — Diese Bauverordnung, überaus
charakteristisch für den bisherigen Bebauungszustand in Düsseldorf,
hat die Grundlage geschaffen für alle folgenden, die bis zur Mitte
des 19. Jh. den Düsseldorf eigenen baulichen Charakter bestimmt
haben — Ausbau der Karlstadt im 18.Jh. und der Neustadt im 19. Jh.
(Heft ‚Neustadt' in Vorbereitung).
Das alte Rathaus, 1567—71 von Heinrich Tußmann aus Duisburg
ausgeführt, ist das geschichtlich bedeutsamste Bauwerk des
Marktplatzes (Bild 3, 5). Der Entwurf dürfte aber wohl von
dem.älteren Maximilian Pasquilini stammen, zumal dieser auch das
anstoßende Kanzleigebäude auf dem Marktplatz geschaffen hat, das
1749 einem Neubau weichen mußte (Bild 5). Auch der von ihm in der
Mühlenstraße entworfene Marstall wie sein Schloßausbau sind nicht
mehr erhalten. Das Düsseldorfer Rathaus hat nun nicht die straffe
Aufteilung des Jülicher Schlosses mit klarer Pilasterund
Gebälkgliederung, nicht einmal, daß die beiden Giebel seitlich des
mittleren achtseitigen schlanken Treppenturmes gleiche Umrißlinien
hätten (Bild 10). Daß die Ecke nach dem Burgplatz zu ebenfalls mit
einem Giebel geschmückt wurde (Bild 5), entsprach der neuen
Bauverordnung. Eine verwandte Eckbetonung zeigte früher auch das
Haus Burgplatz-Kurze Straße (Bild 6). Um die Mitte des 18. Jh. wurde
das Rathaus umgebaut. Die beiden Treppenläufe außen neben dem
Treppentum, deren Ansätze noch zu erkennen, wurden beseitigt, im
linken Seitenflügel ein neuer Eingang mit reizvoller Umrahmung des
Regencestils eingebrochen, darüber der schöne schmiedeeiserne
Balkon, und im Innern neue ansprechende Treppengeländer angebracht.
Außen erhielt der Treppenturm eine neue Statue der Justitia,
Gleichzeitig aber wurden der Säulenschmuck der Giebel bis zur
Giebelumrißlinie gekappt, neue Fensterrahmen eingesetzt und die
ganze Fassade verputzt (Bild 3). Dieses Verputzen der
Backsteinbauten in der 2. Hälfte des 18.Jh. war begründet in der
irrigen Vorstelluug der Zeit über farblose Plastik und farblose
Baukunst der Antike.
Die farbige
Altstadt. Bei den letzten Wiederherstellungsarbeiten des
Rathauses um 1924 kam der frühere Zustand wieder zutage,
übereinstimmend mit einer alten Zeichnung im Stadtmuseum (abgeb.
Zeitschr. d. Rhein. Ver. f. Denkmalpfl. u. Heimatschutz XVII, Taf.
VI) und der Marktplatzdarstellung in Graınminaeus' „Beschreibung
derer fürstlicher Gulichscher Hochzeit“ 1585: ein unver putzter
Backsteinbau, von dem sich leuchtend der spätgotische hausteinerne
Bogenfries am Hauptgesims des Treppenturmes und dessen helle
Eckpfeiler abhoben, ebenso die hausteinerne Giebelumrahmung. Die
Fenster zeigten ehemals spätgotische Eselsbogen, Haustein mit
Backsteinlagen durchsetzt wie die Eckpfeiler des Treppenturms.
Leider hat man den früheren Zustand aus bautechnischen Gründen nicht
Wiederherstellen können. In ganz ähnlicher Weise wie beim Rathaus
muß man sich früher auch die Bürgerhäuser der Altstadt farbiger
vorstellen: Backsteinbauten, denen, bei dem Mangel an plastischen
Ausladungen und daher Mangel an belebendem Schlagschatten, erst die
helle Fassung der Tür- und Fensterrahmen die klare
Fassadenaufteilung ergab. 1923 hat man 72 Altstadtfassaden wieder
von ihrer späteren Zementierung befreit. Am wirkungsvollsten trat
dabei die Rathausapotheke, Marktplatz 7, wieder zutage (Bild 4).
Aber auch Putzbauten wurden ursprünglich farbig behandelt. Das Haus
Ecke Markt und Zollstraße des Hofbildhauers Gabriel Grupello war
1711 nach Uffenbachs „Merkwürdigen Reisen durch Niedersachsen usw.“ : „rothangestrichen“
(Bild 5). Das Barockportal mit Grupellos Büstenschmuck hatte dadurch
ein ganz anderes Relief. Die Fenstergiebel muß man sich als spätere
störende Zutat fortdenken.
Ausbau der
Altstadt bis Mitte 18. Jahrhunderts. Nach Gramminaeus' Darstellung
war der Marktplatz 1585 zwar schon geschlossen ausgebaut, aber man
sieht auch noch alte überkragende Fachwerkbauten, daneben
Backsteintreppengiebel, die noch in das 17.Jh. hinein Anwendung
finden, ferner Volutengiebel nach dem Vorbild der Rathausfassade.
Der eigentliche Ausbau des Platzes und der Nachbarschaft im
strengeren Sinne der Bauverordnung v.1554 hat aber erst im 17. Jh.
stattgefunden. Neue barocke Volutengiebel: Markt 7 u. 10 (Bild 3,
4), Flinger Straße Tr u.3 (Bild S), Rheinort 10—14 usw., meist mit
typisch niederländisch enggestellten Fenstergruppen. Bis zu Beginn
des 18. Jh. blieb um den Marktplatz herum der alte Bautyp der
3—4achsigen schmalen, dreigeschossigen Bürgerhäuser beibehalten,
zumal nach dem Stadtbrand 1669 das Zusammenlegen zweier Grundstücke
für einen gemeinsamen Neubau aus steuerlichen Gründen verboten und
eine dreigeschossige Bauweise direkt vorgeschrieben war (Bild 4). So
ist es zu verstehen, daß die neuen Monumentalbauten des 17. Jh. in
Düsseldorf, die Hofund Andreaskirche (1622—29, Heft St. Andreas u.
st. Max in Vorbereitung), das anschließende, breit gelagerte
ehemalige Jesuitenkolleg mit seiner klaren Achsenanordnung und
exakten Portalund Fensterfassung und das nur noch in Bildern
erhaltene alte Schloß Benrath vor den Toren der Stadt (1666—69) auf
die bürgerliche Bauweise wenig Einfluß gewannen, Bauwerke
italienisierenden Imports süddeutscher Baumeister; unter Kurfürst
Johann Wilhelm (1690—1716) dann unmittelbarer Import durch
italienische Hofkünstler Domenico Martinelli, Matteo di Alberti,
Aloysius Bartoly, Antonio Bernardi. Aber auch deren Einfluß auf die
bürgerliche Bauweise bleibt im wesentlichen beschränkt auf eine
exaktere Profilierung und Portal und Türfassung (Citadellstraße 7,
1684; Ritterstraße 16, 1698).
Dagegen blieben die auf
landschaftlicher Verwandtschaft beruhenden überlieferten
baukünstlerischen Zusammenhänge mit den Niederlanhen. Bestes
Beispiel das Nebeneinander des dteiachsigen Giebelhauses um 1600
neben dem Turm von St.Lambertus (Fensteränderung 18. Jh.) und des
fünfachsigen Hauses des Hofmalers J ohannes Franyiskus Douven
(1713), das man sich einst ebenfalls als Backsteinrohbau mit hellen
Tür- und Fensterrahmen vorzustellen hat (Bild 9):
niederländisch-niederrheinische Renaissance "und
niederländisch-nieder: rheinischer Frühklassizismus. Typisch für
diesen ' heimischen Frühklassizis- mus ist das kompositionelle .
Zusammenfassen von Portal und Obergeschoßfenster am Douvenhaus. In '
"ähnlicher Weise sind Portal und Oberfenster bei der
gegenüberliegenden Kapelle der Karmelitessen zusammengefaßt (Bild
7). Dieser}im"alten unverputzten Zustand?erhaltene Bau mit seiner
Pilastergliede| rung als Giebelträger, der grundrißlichen Anordnung
und dem leider nicht mehr erhaltenen Backsteinrohbaüı des früheren
Klosters könnte ebensogut irgendwo ' in den nördlichen Niederlanden
stehen wie das Haus ‚ KrischerFlingerStraße3 ' anden Grachten zu
Amsterdam (Bild 8, Fenster wieder Änderung des 18.Jh., = '
Untergeschoß späterer Eini ; . bruch, Fassade aber inzwischen wieder
vom Verputz befreit). Das anschließende Haus „Zum Goldenen Helm"
zeigte vor dem Einbau der Läden ebenfalls die typische
Zusammenfassung von Portal und Obergeschoß (Bild 8). Die
Fruchtkränze im Giebel Incen wieder ihr Gegenstück in gleichzeitigen
holländischen Bauten (Palais in Amsterdam, Mauritzhuis im Haag
usw.).
Die
grundrißliche Anordnung und Ausstattung
der älteren Düsseldorfer Altstadthäuser des 16. und 17. Jh. ist durch spätere bauliche Eingriffe
meist stark verändert, Kurze Auser (es 16. un straße 19 und 26 und
Rheinort 12 lassen aber noch einigermaßen den früher typis h r de -
rheinischen Zustand der dreiachsig schmalen Wohnhäuser erkennen:
Nach de es ypic nieder das sog. Vorhaus, als Geschäftsladen,
Werkstätte oder Schankstube; die H ist be e ein Raum, kammer der
Familienwohnraum; zwischen beiden die Küche, die ihr Licht a 4 Kae
oder Achterräumen erhielt. Längs diesen Räumen ein schmaler Gang zum
Hot, d vs den Vorund HinterW irtschaften, gegenüber dem seitlichen
Fenstersitzplatz des Baas die " ner ‚ der bei G'Zoppes = Kellner).
So noch heute in der Brauerei Schlösser Alte Stadt . appstätte
aufnahm. raße, Brauerei Zum Schiffchen Hafenstraße, Brauerei Zum
Goldene K auerei Sonnen Flinger Aus dem Gang führte die Treppe in
die zur Straße gelegene ‚‚Gute Stub n Sessel Bolkerstraße usw: und
hofwärts zum Elternschlafzimmer; im zweiten Obergeschoß Kinder- und
Dienstbotenschlafzimmer. Hinter der Hofstube des Erdgeschosses oft
noch ein seitlicher Hofflügel, mit dem Hauptbau verbunden durch eine Holz- oder
Fachwerkgalerie: Mühlenstraße 17, Ritterstraße 36, Zitadellstraße 5.
— Die mehrachsigen breiteren Wohnhäuser seit den letzten Jahrzehnten
des 17. Jh. haben eine durchaus veränderte Grundrißdisposition:
Eingang in der Mittelachse; an Stelle eines schmalen „Hengedorch"
hinter dem Eingang ein breiter Vorraum mit geräumigem Treppenhaus:
AndreasstraBe 3, Neustraße 26, Flinger Str. 3 usw. — Citadellstraße
7 (1684) interessante - symmetrische Anordnung auch der beiden
Hofflügel u. geschickte Raumausnützung. ' Wie das Haus des
Generalkriegskommissars und Marschalls Frdr. Christ. v. Spee,
Pitterstraße 16 (1698), so zeigt auch das Haus des Hofmalers Douven
(Bild 9) einen seitlichen Hofflügel mit Tordurchfahrt und
Stallungen; das Speesche Haus Ecke Citadell-und Beckerstraße sogar
eine geräumige rechteckige Hofanlage; das Haus der Frhr. v.
Hontheim, die' ganze Flucht der Akademiestraße einnehmend, eine
offene cour d'honneur und zwei seitliche Binnenhöfe. Die zahlreichen
Kunsthandwerker, die Kurfürst Johann Wilhelm an seinen Hof gezogen
hatte, fanden auch in den Neubauten des Adels wie der Hofkünstler
reiche Betätigung. Gute Stuckdecken heute noch erhalten
Citadellstraße 7, Douvenmaus (Bild 9), Ritterstraße 16, Ratinger
Straße 14 Haus der Herren v. Scheidt-Weschpfennig. Eine n
usseldorfer Sonderheit der Zeit Johann Wilhelms sind die
abwechslungsreich geschnitzten ‚Türen: Mühlenstraße 8 und 22,
Krämerstraße 22, Ritlerstraße 11, Akademiestraße 1 am Hontheim|
schen Palais mit dem großen Wappenstück des Kurfürsten.
Der
Marktplatz zu Johann Wilhelms Zeiten:
Ecke
Markt- und Zollstraße das stattliche Wohnhaus Sitz des Hofstatuario
Gabriel de Grupello, das ihm der Kurfürst 1708 zum Geschenk gegeben
und später Sitz es Gouverneurs war (Bild 5). Auf dem Dachfirst stand
früher die Bronzestatuette seines Gießerjungens, heute dort eine
freie Nachahmung des Bildhauers Willi Hoselmann. Der Eingang ‚ heute
leider als Fenster verbaut, hat eine eigenartige Steinumrahmung,
deren Attika Grupello mit Bronzebüsten antiker Göttinnen schmückte.
Anschließend an dieses Wohnhaus und die Tordurchfahrt in den
früheren Remisenhof und die ganze übrige Westseite des Platzes
einnehmend, das „Gießhaus“. Hier wurde auch Johann Wilhelms
Reiterdenkmal für den Marktplatz gegossen. „Der Ofen ist ganz
entsetzlich groß", berichtet Zacharias Konrad v. Uffenbach nach
seinem Besuch in Düsseldorf 1711, und „gleich bei dem Gießhaus ist
noch ein Haus, darinnen die Bildhauer und die so poussieren
(ziselieren) arbeiten“. Diese Bildhauer- und Ziseleurwerkstätte wird
wohl hinter dem „Gießhaus“ gelegen haben, denn Ludwig Christian v.
Vohenstein berichtet 1706: „An dem Gießhaus stehet das Ballhaus,
welches vor eines der besten passieren kann, die wir gesehen haben".
Es war die ehemalige herzogliche Kanzlei neben dem alten Rathaus,
das schon genannte Werk des Maximilian Pasqualini, das 1749 einem
Neubau weichen mußte. Die beiden anderen Marktplatzseiten bestellt
mit dreiachsigen Bürgerhäusern (Bild 4), ebenso die beim
Grupellohaus beginnende Zollstraße (Bild 5), wo, wie man sich
erzählt, „In der Canon“ Haus Nr. 7, der ehemaligen Posthalterei und
Weinstube der Familie Maurenbrecher, Jan Wellem mit seinen
zahlreichen Hofkünstlern abends zwanglos seinen „Dhroner Hofberg“ zu
trinken pflegte. Das sechsachsige Giebelhaus der Familie Jacobi in
der Marktstraße zählt zu den stattlichsten Altstadtwohnbauten der
Jan-Wellem-Zeit.
„Jan
Wellem“ — darunter versteht der Düsseldorfer im Grunde schlechthin
das Reiterdenkmal des Kurfürsten Johann Wilhelm v.d. Pfalz von
Gabriel Grupello auf dem Marktplatz (Bild 10); denn dieser vergnügt
einherschreitende, helleuchtend blaugrün patinierte ‚„‚kupferne
Potentat" inmitten des lustigen und farbenfreudigen Bildes der
Blumen-, Obstund Gemüsefrauen ist das Sinnbild dessen, was
Düsseldorf eigentlich erst durch Johann Wilhelm geworden ist:
heitere rheinische Kunststadt, Stätte der niederrheinischen
St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft-Überlieferung eines zwanglos
sich gebenden, für Scherz stets empfänglichen Bürgertums, Musikund
Theaterstadt: Jan Wellem der Gründer der Düsseldorfer
Kunstsammlungen, der Verschönerer und Erweiterer der Stadt, der
joviale Freund seiner Künstlerschar ‚In der Canon", wie der
St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft, der sich auf dem
Schülzenrummelplatz gerne zwanglos unter die Menge zu mischen
liebte, nicht etwa als wohlwollend herablassender Ehrengast,
sondern als mitkämpfender Schützenbruder, der nachher eitel stolz
auf die errungene Würde eines Schützenkönigs von Düsseldorf war.
Diese menschlich sympathischen Züge kommen noch mehr zum Ausdruck in
der perückenlosen Profilzeichnung in den Städtischen Kunstsammlungen,
in der Grupello, ohne schmeichelnde Verschönerung, für die spätere
plastische Übertragung nur die wesentlichen Formenmerkmale
festhalten wollte: die charakteristische Kinn-, Mund-, Nasen- und
Schädellinie und die schwärmerischen großen Augen (Bild 13). Dieses
ausgeprägte Gesicht ist das getreue Spiegelbild des Körperbaus und
auch der seelischen Haltung; „Dieser Herr ist von mittlerer Größe,
stark gebaut, hat einen großen Mund und eine sehr dicke aufgeworfene
Unterlippe. Er ist ein sehr freundlicher und gesprächiger Fürst“, so
berichtet der Chevalier de Blainville 1705 nach seinem Besuch am
Düsseldorfer Hof. Die Sockelinschrift am Denkmal von der dankbaren
Bürgerschaft, der ‚„grata eivitas", die ihrem Jan Wellem das Mal
gesetzt haben will, ist aber ein Irrtum der Sockelinstandsetzung vom
Jahre 1830: Jan Wellem hat sich das Standbild zu Lebzeiten nämlich
selbst errichtet. Es ist das Denkmal seiner größten politischen
Machtentfaltung: 1708 hatte er, für seine Treue zum Kaiser im
Spanischen Erbfolgekrieg gegen Ludwig XIV. von Frankreich, zu
Jülich, Berg, Pfalz und Neuburg auch noch das Kurfürstentum Bayern
und die Würde eines Erbtruchsesses erworben. Große
Stadterweiterungspläne beschäftigten damals seine Phantasie.
Das
alte Schloß auf dem Burgplatz war eine einzigartige Kunst- und
Schatzkammer geworden (Bild 11), so daß neben ihm von Grupellos
Halbbruder Jacobus du Bois ein Galeriebau aufgeführt werden mußte,
von dem nach dem Schloßbrand vom Jahre 1872 nur noch ein Flügel,
verbaut in das neue städtische Verwaltungsgebäude, auf dem Burgplatz
erhalten ist. Grundriß, Fassade (Bild 12) und Bildanordnung für jede
Wand in dem Stichwerk „Catalogue raisonné des tableaux de la Galerie
Electorale de Dusseldorf" 1778 von Nicolas de Pigage. Dieser
Galeriebau war indes nur „ad interim“ gedacht, weil Jan Wellem einen
ausgedehnten Schloßneubau plante. — Dann 1711 nach dem Tode Kaiser
Josephs I.: Jan Wellem Reichsvikar, Reichsverweser! In diesem Jahr
war sein Reiterdenkmal vollendet, nachdem vor Weihnachten 1710, wie
der erwähnte Uffenbach von seinem Düsseldorfer Besuch 1711 mitteilt,
der Guß mißlungen war. Das Zeichen des Reichsverwesers, der
Reichsapfel, sollte auch den Denkmalssockel schmücken: Aldegunde
Poyck, Grupellos Tochter, berichtet in ihren handschriftlichen
Aufzeichnungen (Archiv in Brüssel) von vier
Bronzelöwen, die, den
Erdball haltend, Symbol des Kaiserreichs, den Sockel hätten
schmücken sollen, aber daß dieser Entwurf nicht mehr zur Ausführung
gekommen wäre.
Ganz sicherlich haben bei dem Entwurf des
Reiterstandbildes Johann Wilhelms persönliche Erinnerungen an die
ihm bekannten wichtigsten Reiterdenkmäler des damaligen Europas
mitgeredet. Von seiner großen Studienreise 1674—77 an den Höfen
Europas kannte er aus Rom den antiken Marc Aurel auf dem Kapitol,
aus Venedig Verroechios Colleoni (1496), aus Padua Donatellos
Gattamelata (1452), aus Florenz Ferdinand v. Medici von Giovanni da
Bologna (1616), aus Piacenza den stürmischen Alessandro Farnese von
Francesco Mocchi (1620), in London Karl I. von Le Suseur (1633
gegossen, 1674 kurz vor Johann Wilhelms Ankunft dort aufgestellt),
vor allem aber die durch das Revolutionsdekret vom 14. Aug.1792 in
Frankreich zerstörten Reiterdenkmäler: Heinrich IV. auf dem
Pont-Neuf zu Paris von Giovanni da Bologna (1614), Ludwig XIII. von
Pierre Biard (das Pferd indes früher bestimmt für ein Denkmal
Heinrichs IL von Daniello da Volterra). Vielleicht lernte er in
Paris auch die Entwürfe der Francois Girardon und van den Boegaert
für die später erst ausgeführten Reiterdenkmäler Ludwigs XIV.
kennen.
Von diesen ausgeführten Standbildern werden ihm aber
sicherlich seine Kunstlegaten in Frankreich berichtet haben, an
erster Stelle sein Oberbaudirektor Matteo di Alberti, der 1698 an
den Höfen zu Paris, Versailles und Fontainebleau weilte und den auch
durch seine Frau vielerlei Beziehungen mit Frankreich verbanden. Es
darf ferner angenommen werden, daß Grupello, der zwischen 1650 und
1670 längere Zeit in Frankreich gearbeitet hat, die Entwürfe der
Reiterstandbilder Ludwigs XIVnichtfremd waren. Und schließlich
vermittelten kleine Bronzewiederholungen dieser Denkmäler den
deutschen Fürstenhöfen (heute noch im ‚‚Grünen Gewölbe' in Dresden
und im Nationalmuseum in Bayern erhalten) das Vorbild eines
zeitgemäßen Reiterstandbildes: Girardons schreitendes Roß, das
zurückgeht auf den Marc Aurel in Rom und die Reiterstatuen der
Donatello und Verrocchio, und van: den Boegaerts springendes Pferd,
das zurückgeht auf Lionardos Entwurf für das Sforzadenkmal in
Mailand und Lorenzo Berninis Entwurf eines Reiterdenkwmals Ludwigs
XIV.
Alle diese Erinnerungen kehren wieder in Grupellos
Entwurfsskizzen, die sein Urenkel, ein Dr. Wilhelm Smets, 1840 der
Düsseldorfer Kunstakademie geschenkt hat (heute in den Städtischen
Kunstsammlungen), schreitende, springende, sich bäumende Pferde
(Bild 14-18). „alle derartigen Skizzen beziehen sich auf die erste
Idee zu
einer Equesterstatue, liest man auf einem der Blätter (Bild 17). Ob
sich nun aber alle diese Entwürfe auf das Reiterstandbild auf dem
Marktplatz beziehen, muß dahingestellt bleiben. Das „Inventarium über die bey Herrn Statuarlo
undt Chevalier Grupello Befindtlichen Churfürstlichen Bilder" (Staatsarchiv Düsseldorf)
vom 19. Juli 1716, bald nach Jan Wellems Tode aufgenommen, notiert
nämlich u. a. „Zwei Modellen zu Pferdt. Eine Ihrer Churfürstlichen
Durchlaucht Johann Wilhelm, der andere Churfürstlichen Durchlaucht
Herrn Vatter höchst‚ seligsten andenkens von erden", d.h. aus Ton.
Gerade bei den springenden Pferden möchte man vermuten, daß sie für
den großen Schloßhof zu Bensberg (s. Heft „Das Neue Schloß zu
Bensberg“) oder den geplanten Düsseldorfer Schloßneubau bestimmt
gewesen sein möchten, vor allem bei dem Entwurf mit dem hohen und
reichen Sockelaufbau mit Brunnen und Becken an den Seiten, und Bossenpfeilern an den Ecken mit schweren Voluten und Puttenschmuck
(Bild 16); dieser Entwurf verlangte doch eine wesentlich andere
Umrahmung als die des Marktplatzes.Freilich sollte der Sockel, der
in seiner heutigen 'Gestalt von dem Bildhauer Kamberger nach dem
Entwurf des Adolf v. Vagedes vom Jahre 1830 stammt, reicher
gegliedert werden. Das ‚Inventarium" von 1716 notiert nämlich: ‚Die
vier große Löwen in Modell vor die Statue aequestre auf dem Mark,
welche Ihre Churfürstliche Durchlaucht seligstens andenkens äußerst
noch befohlen haben gegossen zu werden, sampt der inscription umb
denpedestahl, welche vier Löwen unterdrücken die vier Hauptlaster
hofart, geitz, neidt und fraes'". Die Modelle der vier Löwen hat man
1774 um den Weiher im alten Hofgarten aufgestellt, aber, wie die
Aufzeichnungen des Akademieprofessors Langenhöffel erzählen,
zerfielen sie bald (Düsseldorfer Jahrbuch 18382). — Daß man sich auf
dem Düsseldorfer Marktplatz für ein schreitendes Pferd auf
niedrigerem Sockel, als die besprochene Entwurfsskizze zeigt,
entschieden hat, entsprach wesentlich besser den gegebenen
Raumverhältnissen: die kleine, untersetzte Gestalt des Reiters
verlangte nach einem ruhig schreitenden Roß behäbiger Körperformen.
Städtebaulich ist das Monument ganz ausgezeichnet auf die
einmündenden Straßen in den Platz hineinkomponiert: ob man aus der
Markt-, Bolker-, Zolistraße oder vom Burgplatz kommt, allenthalben
klar umschriebene Umrißlinien der in sich geschlossenen Reitergruppe
(Bild 3-5).
Ausbau der Altstadt seit Mitte des 18. Jh.
Die rührige Bautätigkeit der 2. Hälfte des 18. Jh. breit gelagerter
Patrizierhäuser der neugeschaffenen Karlstadt von jener bürgerlich wohnlicken Behäbigkeit handwerklich sachlicher, auf reicheren
Schmuck verzichtender Solidität der intimen Räume in Schloß Benrath
mit behaglichen Treppenhäusern hat auch die Altstadt berührt. Von
den baulichen Veränderungen am Rathaus war schon die Rede. Auch das Schloß auf dem Burgplatz erfuhr innen und außen eine bauliche
Umgestaltung, die die Spuren des Neubaus unter Wilhelm dem Reichen
im 16. Jh. verwischt hat (Bild 11). Die rhythmisch klangvoll
gegliederte, 15 Achsen zählende Statthalterresidenz (1766) in der
Mühlenstraße, das repräsentative Gegenstück zu dem
gegenüberliegenden früheren Jesuitenkolleg, hat leider 1912 dem
Neubau des Justizgebäudes weichen müssen. Viele der alten
schmalbrüstigen bürgerlichen Giebelhäuser verkleideten sich mit
einer neuen hellen Fassade à la mode mit horizontalem Gesimsabschluß
(Bild 4) oder schmückten sich mit Mansarddächern und modischen
Fensterrahmen, Ecke Burgplatz und Kurze Straße, Ecke Markt und
Bolkerstraße (Bild 3) usw. Die fünf- und siebenachsigen
Patrizierhäuser Zollstraße 9, Bolkerstraße 42, Citadellstraße 14,
Neubrückstraße 12 Haus Zum neuen Schellfisch, u. a. könnten in der
neuen Karlstadt stehen. Das schönste Beispiel dieser neuen
Bautätigkeit ist der Nesselroder Hof, Schulstraße, das ehemalige
Stadthaus der Grafen Nesselrode v. Ehreshovenr (Bild 19). Hinter dem
Hofgelände lag früher der Hafen (Bild 1 u. 2), daher der Name
Hafenstraße und gegenüber der früheren Landestelle in der
Hafenstraße die Brauerei Zum Schiffchen mit ihren heute noch
anheimelnden Räumen. Entsprechend dem Nesselroder Hof wurde die
andere Hafenseite vom Hiontheimschen Palais in der Akademiestraße
eingenommen, Der Nesselroder Hof ist neben dem Hontheimschen Palais
in Düsseldorf die einzige nach der Straße offene Hofanlage mit
interessanter, leider durch spätere Einbauten stark veränderter
grundrißlicher Anordnung. Die Kopfseiten der beiden Seitenflügel
pavillonartig ausgebildet, die eine bestimmt als wirkungsvoller
Abschluß der Citadellstraße (Bild 19), Leider hat aber die
Gesamtwirkung sehr darunter gelitten, daß der andere Seitenflügel an
Stelle des früheren Mansardgeschosses nachträglich ein neues
Vollgeschoß erhalten hat. Das Treppenhaus mit der klaren,
gradlinigen Wandaufteilung und der bequemen Treppenstufenfolge ist
die schönste dieser für die Düsseldorfer Wohnkultur der 2. Hälfte
des 18. Jh. charakteristischen Anlagen (Bild 21) Verwandte, zum Teil
reich geschnitzte Treppenanlagen in der Altstadt im Rathaus, in der
Zollstraße, Giladellstraße 7 und 11 usw.
Auch von der neuen reichen
Bautätigkeit nach Schleifen der Wälle, als mit der Berufung des
Adolf v. Vagedes aus Münster, des Schöpfers des Ratinger Tors, 1806
vor den Toren der Stadt ein neues Düsseldorf erstand, ist ein
Abglanz auf die Altstadt gefallen. Von Vagedes'
innenarchitektonischen Schöpfungen für die Großherzog. lich
Bergische Regierung ist im Hontheimschen Palais ein besonders
charakteristisches Beispie] erhalten, eine feierliche
Saalarchitektur mit plastisch durchmodellierten kompositen
Kapitellen, klar durchgezeichneten Profilierungen antikisierender
reichgegliederter Gebälke und nicht weniger reichem Wandund
Deckenschmuck (Bild 20). Das durch das Bombardement 1794 beschädigte
Cölestinerinnen-Rloster und seine Kirche Ratinger Straße 11—15
wurden als stattliche Wohnbauten mit Pilastergliederung und großer
klassizistischer Portalund Fensterzeichnung umgewandelt. Haus
Bolkerstraße 36 zeigt das Eindringen preußischen Klassizismusses der
Schinkelzeit. Vor allem aber ist auf dem Marktplatz der nach Vagedes'
Entwürfen später erst ausgeführte Neuoder Umbau des Theaters zu
nennen (Bild 5). Wie die Neubauten des 18. Jh. weiß sich auch dieser
Bau in seinen Profilund Geschoßhöhen dem alten Platzrahmen
anzupassen. Der senkrechte Säulenreigen der Tempelfassade gab dem
Platz eine wirkungsvolle zusammenfassende Eckbetonung, gleichzeitig
der einmündenden Bolkerstraße einen glücklichen Abschluß. Die
klassizistischen Veränderungen des Zolltores wußten sich ebenfalls
in Profilund Geschoßhöhen dem gegebenen Rahmen unterzuordnen (Bild
5). Allenthalben diese beruhigenden Bildabschlüsse: Marktstraße mit
dem Haus ‚‚Zum Goldenen Helm" (Bild 8); Blick auf den Burgplatz mit
der früheren reizvollen klassizistischen Wache, darüber der Turm von
St. Lambertus (Bild 5) usw.
Ein
Vermächtnis. Diese beschauliche
Geschlossenheit der Altstadt hat aber seit den 70er Jahren des 19.
Jh. empfindliche Einbußen erfahren. Dadurch, daß man nach dem
Schloßbrand v. 1872 das Mauerwerk nicht mehr für einen Wiederaufbau
verwandte, sondern bis auf den Schloßturm abtrug, ist dieser in
seinem Dasein sinnlos geworden und in die frühere Geschlossenheit
des Burgplatzes eine klaffende Lücke gerissen. Neubauten eines ganz
anders gearteten Rhythmusses haben den sich bis dahin so gut
verstehenden Reigen der alten Bürgerhäuser zerrissen.
Das alte Band
lockerte sich weiter durch das Abtragen des Zolltores (Bild 5), ihm
folgte 1895 das schöne Berger Tor, 1912 das Statthalterpalais v.
1766 in der Mühlenstraße. Besonders verhängnisvoll war aber die
Bebauung des Marktplatzes mit dem neuen Rathaus, der Markthalle und
den ihr benachbarten hohen Häusern — „Gründerrenaissance“ eines
übertriebenen Individualismusses, der keine Anpassung und
Unterordnung an eine Volksgemeinschaft kannte. Diese Neubauten
wußten auch nicht, daß sie Rücksicht zu nehmen hatten auf das
Jan-Wellem-Deunkmal, das früher bei allen baulichen Veränderungen
der Umgebung nie maßstäbliche Verschiebungen seines Platzrahmens
erfahren hat, in den das Reiterstandbild so glücklich
hineinkomponiert ist (Bild 3—5). Der Gegenwart mit ihrer betonten
Volksgemeinschaft, der in der Bürgergesellschaft „Alde Düsseldorfer"
. und im Heimatverein „Düsseldcrfer Jonges“ im Sinne der Erhaltung
des geschichtlich Überlieferten überzeugungstreue Prediger erstanden
sind, ist in der Altstadt noch imwer ein großes.zu bewahrendes
Vermächtnis überkommen: man hüte den städtebaulichen Rahmen um das
Sinnbild der Stadt den Jan Wellem! Man sei sich bewußt, was
geschichtlich mit dieser Platizgestaltung und ihrer Umgebung gewollt
und wie in taktvoller Weise die folgenden Jahrhunderte darauf
Rücksicht zu nehmen verstanden haben! Für tatsächlich vorhandene
Verkehrsschwierigkeiten findet der schöpferische Baukünstler immer
einen Ausweg. Verkehrschwierigkeit ernster Art ist an erster Stelle
der Zugang vom Rhein zur „Alten Stadt“ bei St. Lambertus. Eine
Straßenerweiterung dort braucht aber nicht erkauft zu werden mit dem
Abbruch des Douvenhauses (Bild 9), weil heute bautechnische
Möglichkeiten gegeben sind, die Uferstraße über den Rhein hinaus zu
verbreitern
Literatur:
-
Zeitschr. des
Düsseldorfer Geschichtsvereins 1881 ff.
-
H. Ferber,
„Historische Wanderungen durch die Stadt Düsseldorf“, 1889-1800.
-
Paul Clemen Die
Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Düsseldorf“, 1894
-
Richard Klapheck,
„Die Baukunst am Niederrhein“, 1915 und 1919
-
Friedrich Lau,
„Geschichte der Stadt Düsseldorf“ 1921,
RICHARD
KLAPHECK. Düsseldorf 1936. |